Stromfresser MRT: Optimierte Qualität unter 0,5 Tesla

Stromverbrauch wie ein 2-Personen-Haushalt in 30 Jahren

Radiologie, Strahlentherapie und Dialyse gehören zu den Arztpraxen mit dem größten Stromverbrauch. Ursache sind vor allem energieintensive Geräte. Der jährliche Strombedarf eines einzigen MRT-Geräts entspricht der Menge, die ein 2-Personen-Haushalt in 30 Jahren verbraucht, schrieb die KBV in einer Mitteilung von Anfang November 2022. Das macht die Dimensionen des Energieverbrauchs deutlich, um die es zum Beispiel in radiologischen Praxen geht.

Um die Praxen finanziell zu entlasten, forderte der KBV im Bewertungsausschuss finanzielle Zuschüsse für energieintensive Praxen ab dem 1. Januar 2023. Der GKV-Spitzenverband lehnte diesen Antrag jedoch ab. Aktuell verhandeln beide Parteien weiter über eine Lösung. „Natürlich wären Zuschüsse sehr hilfreich für Praxen mit energieintensiven Geräten“, urteilt Mario Ammer, Betriebswirt, Co-Founder von mediorbis und Geschäftsführer der Ärzteberatung Greleo. „Aber Praxisinhaber sollten möglichst ein umfassendes Konzept für reduzierte Energiekosten entwickeln. Dazu gehört auch eine Strategie, um die Energieeffizienz der Praxis zu steigern“, so Ammer.

Stark wie der Magnet auf einem Autoschrottplatz

Wie solch eine energieeffiziente Praxis aussehen kann, zeigt die in Burbach (NRW) ansässige radiologische Praxis GreenScan. Sie arbeitet mit einem sogenannten Niederfeld-MRT, dessen Feldstärke bei weniger als 0,5 Tesla (Maßeinheit für die Stärke eines Magneten) liegt. Damit verbraucht die Praxis weniger Strom als mit einem herkömmlichen MRT, dessen Feldstärke mindestens 1,5 Tesla erreicht. Moderne Geräte in Krankenhäusern arbeiten längst mit 3 Tesla. Greenscan kann das Niederfeldgerät laut eigener Angaben alleine mit Sonnenenergie vom Dach des Praxisgebäudes betreiben.

Zum besseren Verständnis: 0,5 Tesla reichen einem Autoschrottplatz-Magneten aus, um ganze Limousinen von A nach B zu heben.

Die Niederfeldtechnologie war lange Zeit Standard, ehe Geräte mit höheren Feldstärken sie weitgehend abgelöst haben. Solche Geräte haben ein besseres Signal-zu-Rausch-Verhältnis und optimieren damit die Bildqualität. Der Aufenthalt im engen MRT kann mit mehr Tesla kürzer ausfallen.

Inzwischen haben sich mit Techniken wie verbesserter digitaler Signal- und Bildverarbeitung sowie Deep-Learning basierter Bildrekonstruktion aber neue Möglichkeiten ergeben, die Bildqualität auch bei geringerer Feldstärke zu steigern. Das berichtete der geschäftsführende Gesellschafter von GreenScan, Professor Doktor Hans-Martin Klein, in einem Interview mit Ursula Katthöfer für das Radiologen-Wirtschaftsforum (Ausgabe 09/2021).

Niederfeld-MRT: Kl optimiert die Bildqualität

Niederfeld-MRT von Siemens Healthineers
Nur 0,55 Tesla: Magnetom Free.Max von Siemens Healthineers

Zu den Anbietern von Niederfeld-Technologie gehört das deutsche Unternehmen Siemens Healthcare. Es hat mit MAGNETOM Free.Max und Free.Star zwei Geräte mit einer Feldstärke von 0,55 Tesla entwickelt. „Durch KI-gestützte Bildrekonstruktion erreichen die Scanner eine Bildauflösung, die durchaus mit höheren Feldstärken zu vergleichen ist“, berichtet das Unternehmen und bescheinigt den Geräten hervorragende Performance im Hinblick auf Bildqualität und Scaneffizienz für die tägliche klinische Routine.

Vorteile bietet eine niedrigere Feldstärke aus seiner Sicht besonders im Bereich der MRT-Lungenbildgebung. In der Implantat-Bildgebung sei die Feldstärke von 0,55 Tesla ebenfalls die bessere Wahl. Dagegen wären Feldstärken von 1.5 und 3 Tesla bei komplexeren klinischen Anwendungen wie anspruchsvollen Neurountersuchungen oder Herzbildgebung derzeit noch überlegen.

Bezogen auf den Energieverbrauch ist mit den Niederfeldgeräten eine besonders ressourcenschonende Arbeit möglich. Siemens Healthcare betont jedoch, dass das Unternehmen beim gesamten Produkt-Portfolio einen Fokus auf Nachhaltigkeit und Minimierung der Energieverbräuche legt. So besitzt die jüngste Generation seiner MRT-Systeme einen Eco-Power-Mode für eine intelligent geregelte Kühlleistung. Das reduziert den Gesamtenergieverbrauch um über 10 Prozent.

Ohne Leistungsverluste energieeffizient arbeiten

Auch Mario Ammer sieht großes Potenzial in innovativer Technik mit einem verringerten Stromverbrauch. „Die Kombination aus energieeffizienten Geräten und eigener Stromproduktion löst sicherlich nicht alle Probleme einer Praxis mit hohem Energieverbrauch“, sagt er. „Aber sie kann ein wichtiger Baustein sein, um ohne Leistungsverluste energieeffizient zu arbeiten und nachhaltig Kosten zu sparen“. Vor Investitionen in eine energieeffiziente Praxis empfiehlt er eine gründliche Beratung.

Sie hilft dabei, sich für die individuell am besten geeigneten Maßnahmen zu entscheiden. Als Fördermittelberatung kann sie auch dazu beitragen, sich Zuschüsse für Technik wie eine Photovoltaikanlage zu sichern. Finanzielle Entlastungshilfen bleiben in Zeiten hoher Energiekosten natürlich auch für Ärzte mit energieeffizienter Praxis hilfreich.

Bild 1: ©iStock/deepblue4you , Bild 2: ©Siemens Healthineers

Gesundheit klimaschädlicher als Fliegen

Nicht der Flugverkehr ist Spitzenreiter beim Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase und auch nicht die Schifffahrt. An erster Stelle steht laut einem Bericht von Health Care Without Harm der Gesundheitssektor. Er ist für 4,4 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich.

In Deutschland sind es sogar 5,2 Prozent!

Dabei spielen insbesondere die Herstellung von Medizingeräten, Arzneimittel und der Krankenhausbetrieb eine bedeutende Rolle. Letzterer vor allem wegen des hohen Energie- und Wasserverbrauchs sowie des Abfallaufkommens. Die Gesundheitsbranche hinterlässt immense Spuren mit ihrem ökologischen Fußabdruck.

Aber welchen Patienten interessieren schon CO2-Zahlen, wenn er mit gebrochenem Bein im OP-Saal liegt?! Schließlich geht es um die bestmögliche Behandlung und Gesundheit des Patienten. Sollten für Gesundheitseinrichtungen nicht Sonderregelungen gelten?

Mit gutem Beispiel voran gehen

Das Gesundheitswesen müsse mit gutem Beispiel vorangehen, meint WHO-Generalsekretär Tedros Adhanom Ghebreyesus. Es dürfe nich zu einer zusätzlichen Belastung für Mensch und Umwelt beitragen. Schon heute ist bekannt, dass sich der Klimawandel negativ auf die menschliche Gesundheit auswirkt.

Dabei können schon einfachste Maßnahmen zur Verbesserung der Klimabilanz beitragen: sei es die Umstellung auf Ökostrom, der Wechsel der Beleuchtung zu LED oder weniger Fleisch auf dem Speiseplan. Jede noch so kleine Maßnahme zählt.

Das Universitätsklinikum Dresden hegt eine lange Tradition in Sachen Klimaschutz. Dabei sticht das Klinikum insbesondere mit einem wegweisenden Leuchtturmprojekt hervor und hat schon einige Nachahmer innerhalb der Branche gefunden: In der betriebsfreien Zeit werden – natürlich unter Einhaltung der strengen Anforderungen an die Raumluftqualität – die Klimaanlagen in den elf Operationssälen abgeschaltet. Dadurch können jährlich 90.000 Kilowattstunden Energie eingespart werden.

Diese Aktion ist nur eine von vielen, die das Klinikum umgesetzt hat, um ihre Treibhausgasemissionen zu senken und ein Zeichen für den Klimaschutz im Gesundheitswesen zu setzen.

Was Krankenhäuser für den Klimaschutz tun können? Eine Menge!

KLIK green – Krankenhaus trifft Klimaschutz

Das Uniklinikum hat außerdem am Projekt „KLIK green – Krankenhaus trifft Klimaschutz“ teilgenommen. Im Rahmen dieses Projekts können Krankenhäuser und Reha-Kliniken ihre Mitarbeiter kostenfrei zu Klimamanagern qualifizieren lassen. Mithilfe der in den Schulungen und Workshops erlangten Kenntnisse sind sie in der Lage, klimarelevante Einsparpotenziale aufzuspüren, daraus konkrete Klimaschutzmaßnahmen abzuleiten und umzusetzen.

Darüber hinaus bekommen die mitmachenden Einrichtungen Unterstützung bei der Suche und Beantragung von Fördermitteln, beispielsweise bei der KfW-Bank oder dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Das Bundesumweltministerium fördert das Projekt im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative. Geleitet wird das Projekt vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) im Verbund mit der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) und dem Universitätsklinikum Jena (UKJ).

Mit Ökostrom und LEDs Betriebskosten senken

Um sich gezielte Anregungen und Ideen für mögliche Maßnahmen zu holen, hält die frei zugängliche KLIK-Datenbank auf der Website des Projekts zahlreiche Umsetzungsbeispiele bereit. Hier lässt sich u. a. nach verschiedenen Kategorien wie Energie, Beschaffung, Abfall etc., Größe der Einrichtung – gemessen an der Bettenzahl – sowie weiteren Kriterien filtern.

Der KLIK-Leitfaden stellt die Ergebnisse des Vorgänger-Projekts rund um betrieblichen Klimaschutz in Gesundheitseinrichtungen vor. Auch hier werden Umsetzungsbeispiele vorgestellt. Der Leitfaden ist ebenfalls kostenfrei als PDF auf der Website verfügbar.

Sowohl die Online-Datenbank als auch der Leitfaden zeigen neben den vermiedenen CO2-Emissionen auch die durch die Maßnahmen eingesparten Betriebskosten.

Bild 1: ©iStock / guvendemir; Bild 2: ©iStock / Petmal

Das könnte Sie noch interessieren: Ratgeber Medizinisches Cannabis, mit aktuellen medizinischen Studien.

Suche