Schutz für Konsumenten: Reinheitsgebot für Cannabis
Pilze, Pestizide, Haarspray, Schwermetalle – alles drin
Mit dem geforderten verbindlichen Reinheitsgebot möchte der Verband Cannabiswirtschaft „das Aufsprühen und Einmischen von Streckmitteln und kaum erforschten THCimitierenden Substanzen sowie synthetisch hergestellten Cannabinoiden verbieten“.
Die von uns erarbeiteten Standards, Maßnahmen, Kontrollen und Grenzwerte orientieren sich an engen, erprobten Kriterien und praktizierten Verordnungen. Sie dienen als mögliche Richtschnur für die Qualitätskontrolle von Genusscannabis mit einer kommenden Regulierung.
Jürgen Neumeyer, Geschäftsführer Branchenverband Cannabiswirtschaft
In seinen „Qualitätsanforderungen an Cannabis zu Genusszwecken“ geht der Verband darüber hinaus. Hier definiert er unter anderem konkrete Grenzwerte für Stoffe wie Schwermetalle, Mykotoxine (Schimmelpilzgifte) und Pestizid-Rückstände. Er orientiert sich dabei an bereits existenten Regelwerken wie dem Europäischen Arzneibuch.
Der Schwarzmarkt nimmt’s mit der Qualität nicht so genau
Qualitätsanforderungen und Reinheitsgebot sollen dem Schutz der Gesundheit von Konsumenten dienen. Zugleich bietet eine hohe Produktqualität die Chance, sich vom Schwarzmarkt abzuheben. Schwarzmarkthändler nehmen es mit der Qualität von Cannabis oft nicht genau, manchmal mit gefährlichen Folgen. Einige strecken den Hanf mit Bestandteilen wie Zucker, Talkum und Haarspray. Besonders problematisch ist gestrecktes Cannabis, dem synthetische Cannabinoide hinzugefügt wurden. Der Deutsche Hanfverband warnt vor möglichen Folgen wie Krampfanfällen, Halluzinationen und Herzinfarkten sowie vor dem Risiko einer tödlichen Überdosierung.
Das Risiko, gestrecktes Cannabis zu erhalten, ist bei lizenzierten Cannabishändlern gering. Kaum ein offizieller Händler wird seine Lizenz durch ein derart kriminelles Handeln gefährden. Größer ist das Risiko ungewollter Verunreinigungen durch mangelhafte Prozesse in der Lieferkette. So gilt zum Beispiel Schimmelbefall als eines der größten Probleme bei Anbau und Lagerung von Cannabis. Einheitliche Qualitätsstandards haben aber noch eine weitere Funktion neben der, die Konsumenten vor den bisher beschriebenen Risiken zu schützen. Sie müssen auch sicherstellen, dass der THC-Gehalt im Freizeitcannabis den Angaben entspricht. Nur dann können Konsumenten die Stärke des Cannabis einschätzen.
Die Herausforderung: effektive Kontrolle, vertretbare Kosten
Die Bundesregierung mahnt in ihrem Eckpunktepapier zur Cannabis-Legalisierung, das sie im Oktober 2022 vorgestellt hat, ebenfalls Qualitätsstandards an. Sie weist zusätzlich auf die Notwendigkeit intensiver Kontrollen hin.
Die gesamte Liefer- und Handelskette (Anbau, Verarbeitung, Transport, Großhandel, Einzelhandel) ist einem Kontrollsystem (Track and Trace) zu unterwerfen, das eine Dokumentation der einzelnen Schritte in der Kette einschließt.
Punkt 31 im Eckpunktepapier der Bundesregierung
Der Branchenverband Cannabiswirtschaft (BvCW) geht auch bei solchen Kontrollen stärker ins Detail und nutzt als Vorlage dafür unter anderem das bereits erwähnte Europäische Arzneibuch. Es gibt neben Grenzwerten Testmethoden vor. So nennt das Europäische Arzneibuch als Grenzwert für das Schimmelpilzgift Aflatoxin B1 maximal zwei Mikrogramm pro Kilogramm. Als Testmethode dient die Flüssigchromatographie, ein Verfahren, um Stoffgemische in Einzelbestandteile zu trennen.
Der Branchenverband mahnt allerdings auch Grenzen bei Kontrollen an. Beim Freizeitcannabis sollte der Staat aus seiner Sicht auf eine Übernahme der besonders strengen Good Manufacturing Practice (GMP) verzichten. Die GMP definiert die Qualitätsregeln für medizinisches Cannabis. Lizenzinhaber für den Handel mit Freizeitcannabis würden jedoch – so der Verband weiter – durch die GMP mit hohen Kosten konfrontiert. Sind die Qualitätsstandards zu hoch und Kontrollen zu aufwändig, könnte ein mit Schwarzmarktpreisen konkurrenzfähiges Angebot schwierig werden. Für die Politik wird es zur Gratwanderung, Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Preisbildung beim legalisierten Cannabis in Einklang zu bringen. Abzuwarten bleibt, wie gut diese Gratwanderung gelingt.
Der Auftrag kommt von ganz unten: Mehrere Amtsgerichte haben beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Normenkontrollanträge eingereicht, die eine Entscheidung über das Cannabis-Verbot im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) nötig machen. Normenkontrollanträge (oder etwas salopper Richtervorlagen) werden erforderlich, wenn ein Fachgericht – in diesem Fall die Amtsgerichte – ein Gesetz, auf dessen Grundlage das Gericht eine Entscheidung treffen muss, für nicht verfassungskonform hält. Darüber kann nur das Bundesverfassungsgericht urteilen. Etwa 100 solcher Normenkontrollanträge erreichen die Bundesrichter jährlich. Dieser hat es in sich.
Das Bundesverfassungsgericht soll prüfen, ob Paragraf 29 (Abs. 1, Nr. 3) des Betäubungsmittelgesetzes mit dem Grundgesetz in Einklang zu bringen ist. Darin heißt es:
Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer (…) Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein.
Die Amtsrichter sehen in ihren Anträgen Komplikationen mit dem im Grundgesetz verankerten Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG): „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.“
Probleme sehen die Fachrichter auch in einem anderen Paragrafen des BtMG. In dem heißt es, es könne von der Verfolgung abgesehen werden, „wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt“. (§31a BtMG)
Was dem Rechtsempfinden vieler Menschen entsprechen mag, wird aber schwierig, wenn das Grundgesetz mit der Gleichbehandlung ins Spiel kommt: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Sind sie aber nach Ansicht der Amtsrichter im Moment möglicherweise nicht, denn der Handlungsspielraum bei der Strafverfolgung wird in jedem Bundesland anders ausgelegt.
„Das Bundesverfassungsgericht hat sich bereits mehrfach mit Cannabis beschäftigt“, sagt Christian Wagner, Fachanwalt für Medizinrecht, Mitgründer von mediorbis und Vorsitzender der SGB V-Kommission beim Deutschen Sozialgerichtstag. „Aber jetzt fällt das Gerichtsurteil in eine Zeit, in der die Politik eine Legalisierung auf dem Schirm hat. Das macht dieses Urteil so spannend.“
Es gibt kein Recht auf Rausch – sagen die Bundesrichter
Das Bundesverfassungsgericht beschäftigte sich bereits 1994 mit Cannabis. Damals stufte unter anderem die Berufungsstrafkammer des Landgerichts Lübeck Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes als verfassungswidrig ein. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts argumentierte damals in seinem Urteil, dass es kein Recht auf Rausch gibt und dass nicht alle potenziell gleich schädlichen Drogen auch gleich behandelt werden müssen – zum Beispiel Alkohol und Cannabis.
2004 gab es einen erneuten Versuch, BtMG-Strafvorschriften von den Verfassungsrichtern überprüfen zu lassen, aber die Vorlage scheiterte. Die Richter sahen damals keine neuen Tatsachen, um ein Urteil zu fällen. Aber seither ist viel geschehen. Und je nachdem, wie die Bundesrichter entscheiden, könnte die politisch von der Regierung gewollte Cannabis-Legalisierung für den Freizeitbedarf Rücken- oder Gegenwind bekommen.
Schlupfloch in den UN-Konventionen
Cannabis-Alleingänge sind schwierig. Deutschland ist an das UN-Einheitsabkommen über psychotrope Substanzen gebunden.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts könnte auch international Weichen stellen. Bei Deutschlands Cannabis-Legalisierungs-Plänen entscheiden nämlich nicht nur deutsche Politiker. Deutschland ist unter anderem an das UN-Einheitsabkommen über psychotrope Substanzen gebunden und das lässt für einen Freizeitkonsum von Cannabis wenig Spielraum. Staaten wie Kanada und Uruguay haben jeweils eigene – Kritiker sagen „nicht zu Ende gedachte“ – Wege gewählt, um damit umzugehen und dennoch zu legalisieren.
Im Februar 2023 verwiesen die Verfassungsrichter zudem auf einen „Verfassungsvorbehalt“ in den UN-Konventionen. Er schafft Mitgliedsstaaten Spielräume. Sie ließen sich eventuell nutzen, wenn das Bundesverfassungsgericht das Cannabis-Verbot im BtMG für nicht verfassungskonform hält. „Es wird in jedem Fall sehr wichtig sein, sich international vorab gut abzusichern“, sagt Christian Wagner. „Je problematischer eine einmal vollzogene Legalisierung auf internationaler Ebene wird, desto eher wird sie politisch auch national zu einem Desaster für diejenigen, die sie initiiert haben.“
Von Manhattan bis Ostfriesland: mediorbis produziert in sieben Sprachen
Informationsbedarf ist international
Medizin ist international. Die Bürokraft in Manhattan plagen die gleichen Rückenschmerzen wie das mittlere Management einer Großmolkerei in Ostfriesland. Deshalb haben le Frison oriental (französisch für: der Ostfriese) und das New Yorker Pendant ähnlichen Informationsbedarf über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten der rückseitigen Beschwerden.
mediorbis erstellt und produziert multimedialen Content zu medizinischen Fragen, die das Internet stellt, und hat den Platz, in die Tiefe zu gehen, Zusammenhänge herauszuarbeiten, die helfen, den eigenen Körper besser zu verstehen und ihn bestmöglich zu unterstützen. In der mediorbis-Medizinwelt ist Platz für klassische Medizin, Naturheilverfahren und Phytopharmaka wie Medizinalcannabis.
Übergreifende, aber länderspezifische Infos
Mit der neu installierten und weiter wachsenden internationalen Medizin-Redaktion sollen der englische, französische, spanische, portugiesische, italienische und niederländische Sprachraum übergreifend und doch länderspezifisch bedient werden.
Sebastian Pötzsch: „Wir sind sehr zufrieden mit unseren Fortschritten bei der Internationalisierung. Mit unserer aktuellen Ausrichtung erreichen wir etwa ein Drittel des Sprachraums weltweit. Es ist eine elementare Grundlage auf unserem Weg zum international positionierten Gesundheitsportal.“
Neuer mediorbis-CEO: Unternehmensberater Sebastian Pötzsch
Neu gedachte Produkte für exponentiell wachsende Teilmärkte
„Die Nachfrage nach Produkten und Services im Gesundheitssektor wird in manchen Teilbereichen exponentiell zunehmen“, sagt Sebastian Pötzsch. Der 37-jährige Münchner Unternehmensberater ist besonders optimistisch für die Bereiche Telemedizin und medizinisches Cannabis. Beste Voraussetzungen, um mit neu gedachten Produkten und Dienstleistungen, Geschäftsfelder zu betreten, die es vorher noch nicht gab.
Sebastian Pötzsch hat sich an der renommierten European Business School im Schnelldurchlauf mit Master-Abschluss die fachlichen Grundlagen für seine unternehmerischen Aktivitäten angeeignet. Die begannen 2015 mit der Gründung der Praetorius Capital GmbH, mit der Pötzsch drei Business-Sektionen bedient: Finanzierungen aller Art, Immobilien und Transaktionsberatung.
Sebastian Pötzsch: Neuer Geschäftsführer der mediorbis GmbH.
Ausbau zum digitalen Verlag
Die mediorbis GmbH soll unter Führung von Sebastian Pötzsch zu einem digitalen Verlag ausgebaut werden. Geschäftszweck: „Redaktionelle Herstellung und Herausgabe von Online-Publikationen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens; Planung, Entwicklung und Vermarktung von digitalen Anwendungen im medizinischen Bereich; Online-Nachrichten aus den Sektoren Gesundheitswesen und Forschung.“
Relevante Inhalte für gezielte Telemedizin. Weltweit.
„Wir platzieren die Telemedizin nicht nur dort, wo sich Patienten Informationen zu Symptomen und Krankheiten suchen.“, erklärt Sebastian Pötzsch und ergänzt: „Wir bilden auch das Umfeld für Ernährungs-Coaches und weitere Spezialisten, die Ihre Dienstleistung über die Videosprechstunde anbieten möchten.“ Dazu starten wir 2023 mit einem Verzeichnis für Ärzte, die Ihre telemedizinische Dienstleistung in einem relevanten Umfeld auf mediorbis einbetten möchten.
„Unsere redaktionellen Inhalte werden bereits in sieben Sprachen entwickelt und decken einen Sprachraum von ca. einem Drittel der Erdbevölkerung ab. Darunter Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch, Italienisch und Holländisch.“, setzt Sebastian Pötzsch nach.
Medizinisches Cannabis bringt starkes Wachstum
„Medizinalcannabis und CBD-Produkte spielen in der Medizin eine immer größere Rolle“, sagt Sebastian Pötzsch, der Gesundheitsthemen quasi mit der Muttermilch aufgenommen hat: Beide Eltern sind Mediziner. „Trotzdem gibt es gerade vonseiten der amerikanischen Großkonzerne große Vorbehalte gegen diesen Markt. Google, Facebook, Instagram & Co. platzieren keine Werbung für Hanfprodukte. Mit mediorbis wollen wir das redaktionelle Umfeld dafür schaffen und können so Cannabis-Unternehmen direkt in eine dafür affine Zielgruppe bringen. Schon jetzt erreichen wir mit unseren medizinischen Ratgebern bei relevanten Keywords wie Dronabinol Top-Platzierungen bei Google. mediorbis ist jetzt schon die Nummer 1 auf der Informationsseite des Cannabis-Sektors.“
Apothekenfinder für bessere Sichtbarkeit bei Cannabis-Patienten
mediorbis versteht sich auch als Dienstleister für medizinische Einrichtungen. Dazu gehören auch Ärzte und Apotheker. „Mit unserem neuen Apothekenfinder bieten wir Cannabis-Apotheken die Möglichkeit, sich auffindbar und sichtbar zu machen“, sagt der mediorbis-Geschäftsführer. „Gleichzeitig haben sie die Möglichkeit, als Einkaufgemeinschaft auf der B2B-Plattform cannorbis.de gemeinsam als Käufer aufzutreten und so Mengenrabatte bei Herstellern zu bekommen, die sie als Einzelabnehmer nicht erreichen würden.“
Preisgebundene Arzneien: Rabatt-Bons nicht zulässig
50 Cent als Treue-Dankeschön
Das System war pfiffig und gut um die Ecke gedacht – auch wenn es jetzt verboten wurde: Ein niedersächsischer Apotheker hatte an seine Kunden Bonus-Bons im Wert von 50 Cent als Treue-Dankeschön ausgegeben. Die Gutscheine konnten beim Kauf nicht preisgebundener Medikamente eingelöst werden. Dagegen wäre nichts einzuwenden. Problematisch wurde es aber, weil Kunden die Bonus-Cent auch bekamen, wenn sie verschreibungspflichtige, also preisgebundene Medikamente kauften.
2017 verbot die Apothekenkammer Niedersachsen dem Apotheker mit einer Untersagungsverfügung die Abgabe der Bons beim Verkauf rezeptpflichtiger Arzneimittel. Der Apotheker wehrte sich mit einer Klage beim Verwaltungsgericht Lüneburg und scheiterte. Der Rechtsstreit zog sich bis zu einem Urteil im Juni 2022. Mit ihm lehnte das Oberverwaltungsgericht den Antrag des Apothekers ab, eine Berufung zuzulassen.
„Die Gerichte haben die Arzneimittelpreisbindung mit ihren Urteilen gegen Versuche verteidigt, sie mit Wertbonsystemen auszuhöhlen“, urteilt Christian Wagner, Mitgründer von mediorbis, Fachanwalt für Medizinrecht und Vorsitzender der SGB V-Kommission beim Deutschen Sozialgerichtstag. „Allerdings festigen die Urteile auch einen Nachteil der Apotheken mit Sitz in Deutschland in der Konkurrenz zu Versandapotheken aus dem EU-Ausland.“
In Deutschland verboten, im EU-Ausland nicht
Die Urteile aus dem Jahr 2017 fielen in eine Zeit, in der Versandapotheken aus dem EU-Ausland etwas durften, was deutschen Apothekern verboten war: Preisnachlässe auf verschreibungspfichtige Arzneimittel gewähren. Für deutsche Apotheken galt damals das Arzneimittelgesetz, das in Paragraph 78 die Möglichkeit einer Arzneimittelpreisbindung regelt. Für Versandapotheken, die ihren Sitz außerhalb von Deutschland im EU-Ausland haben, gelte die Arzneimittelpreisbindung aber nicht. So urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 19. Oktober 2016 in einem vielbeachteten Urteil (Aktenzeichen: C-148/15). Die Arzneimittelpreisbindung erschwere ausländischen Versandapotheken den Zugang zum deutschen Markt und sei nicht durch Gründe des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt, argumentierte der EuGH damals. Im preislichen Wettbewerb sah er die einzige Möglichkeit für ausländische Anbieter, mit deutschen Apotheken zu konkurrieren.
Höhe des Rabatts spielt keine Rolle
Deutsche Apotheken und Versandapotheken aus dem EU-Ausland werden ungleich behandelt. Das sahen auch die deutschen Gerichte in ihren Urteilen. Sie verneinten jedoch eine unrechtmäßige Diskriminierung und urteilten, dass die Arzneimittelpreisbildung Apotheken mit Sitz in Deutschland auch indirekte Preisnachlässe über Wertbons verbietet. Bedeutungslos ist dabei der Name der Bons. Dass sie zwischenzeitlich Wege-Bons genannt wurden, war der gescheiterte Versuch, sie als legale Belohnung für den Weg des Kunden zur Apotheke zu etablieren. Auch ihr vergleichsweise geringer Wert von 50 Cent spielte bei den Urteilen keine Rolle.
Heute einheitlicher Preis für alle
Der deutschen Politik blieb die Ungleichbehandlung von deutschen Apotheken und Apotheken aus dem EU-Ausland ein Dorn im Auge. Sie reagierte 2020 mit dem Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken. Es verankerte die Arzneimittelpreisbindung mit einem Zusatz zu Paragraph 129 im Fünften Sozialgesetzbuch und etablierte verbindliche Preise erneut für alle Apotheken: auch für Versandapotheken aus dem EU-Ausland. Unklar blieb jedoch, wie die Europäische Union darauf reagiert, jedenfalls bis zum September 2021. Damals stellte sie das gegen Deutschland wegen der Arzneimittelpreisbindung laufende Vertragsverletzungsverfahren ein. Sie habe damit Jens Spahns Trick akzeptiert, die „Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht mehr im Arzneimittelrecht, sondern im Sozialrecht zu verankern“, urteilt die Deutsche Apotheker Zeitung (DAZ).
Ab 1. Januar 2022 fällt der Rechnungszins von 0,9 auf 0,2 Prozent. Einen solchen Sprung gab es das letzte Mal im Jahr 1942. Einige Versicherungs- und Finanzprodukte wie zum Beispiel die private Altersvorsorge oder die Absicherung bei Berufsunfähigkeit werden dadurch teurer.
Beitragsbemessungsgrenze
Die Beitragsbemessungsgrenze ist die gehaltliche Mindestsumme, ab der es Angestellten freisteht, sich für eine private Krankenversicherung (PKV) zu entscheiden. Die Vorteile der PKV für Ärzte sind dabei nicht unerheblich. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren ist die Änderung 2022, dass es keine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze gibt. Genau wie 2021 liegt sie bei einem jährlichen Bruttoeinkommen von 64.350 Euro.
Erhöhung des Mindestlohns
2022 gibt es die letzten zwei Stufen des vierstufigen Plans zur Mindestlohnerhöhung. Am 1.1.22 steigt der gesetzliche Mindestlohn auf 9,82 Euro pro Stunde. Im Juli 2022 gibt es eine erneute Steigerung auf 10,45 Euro. Die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns für 2023 und 2024 steht noch nicht fest.
2022 steigt der Mindestlohn.
Mindestausbildungsvergütung steigt
Für Lehrverträge ab 1. Januar 2022 gelten jeweils für das erste Ausbildungsjahr 585 Euro als gesetzliche Mindestausbildungsvergütung. Für die folgenden Ausbildungsjahre gibt es Aufschläge: Auszubildende erhalten 18 Prozent, 35 Prozent oder 40 Prozent über den Einstiegsbetrag des erste Ausbildungsjahres.
Pflegereform
Ab Januar 2022 treten es bereits einige Regelungen der neuen Pflegereform in Kraft: finanzielle Entlastung von Heimbewohnern und Kostenerhöhung von Pflegesachleistung. Ab 1.9.2022 sollen Pflegekräfte bundesweit einheitlich bezahlt werden. Ab dann werden nur noch Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen, die ihre Betreuungs- und Pflegekräfte nach Tarif bezahlen. Außerdem bekommt die Pflegeversicherung ab dem neuen Jahr einen Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro pro Jahr. Der Beitragszuschlag für Kinderlose steigt um 0,1 Prozentpunkte auf 0,35 Prozent.
Änderung Medizin-Studium
Ab 2022 ist die Übergangsphase beendet und Wartesemester werden nicht mehr berücksichtigt. Das heißt, Wartezeiten werden bei der Studienplatzvergabe in Medizin, Pharmazie, Zahnmedizin oder Tiermedizin nicht mehr angerechnet.
Bei der Studienplatzvergabe werden keine Wartesemester mehr anerkannt.
Elektronische AU-Bescheinigung
Die elektronische Vermittlung von „gelben Scheinen“ (AU) an die Arbeitgeber ist ab 1. Juli 2022 geplant. Ursprünglich war der Jahresbeginn angedacht, aber ab 1.1 beginnt zunächst eine Pilotphase. Das heißt, dass Vertragsärzte zwischen Januar und Juni die AU-Daten digital an die Krankenkassen übermitteln und eine Papierbescheinigung ausstellen, die der Patient seinem Arbeitsgeber übergibt. Ab Juli gilt dann nur noch das digitale Übermittlungsverfahren, sodass sich der Patient nicht mehr um die Meldung kümmern muss.
E-Rezept
Zum Jahreswechsel sind Kassenärzte verpflichtet, bei der Verordnung verschreibungspflichtiger Medikamente das E-Rezept zu verwenden.
ePA-Pflicht in Krankenhäusern
Ab 1. Januar ist die Option „elektronische Patientenakte“ auch in Krankenhäusern Pflicht. Für Arztpraxen gilt dies bereits seit 2021.
Orientierungswert
Der bundesweite Orientierungswert steigt per 1. Januar um 1,275 Prozent auf 11,2662 Cent pro Punkt. Das Honorar wurde im September zwischen KBV und GKV-Spitzenverband ausgehandelt.
Ab Januar 2022 erhalten Arztpraxen zusätzliche Unterstützung bei der Verschlüsselung von Patienten-Diagnosen. Die praxisnahe Kodierunterstützung ist direkt in das Praxisverwaltungssystem integriert. Dadurch führt die KVB verbindliche Kodier-Vorgaben ein, womit das Faxen von Patientendaten der Vergangenheit angehört.
Pflegepersonaluntergrenzen in Krankenhäusern
Bereits seit 2019 gelten Untergrenzen, die angeben, wie viel Pflegepersonal auf bestimmten Stationen mindestens anwesend sein muss. Ab 1. Januar 2022 gibt es erstmalig auch Untergrenzen in der Orthopädie, der Gynäkologie und Geburtshilfe. Ebenso soll es fachspezifische Ausdifferenzierungen in der allgemeinen Pädiatrie, der speziellen Pädiatrie und der neonatologischen Pädiatrie geben.
NIPT wird Kassenleistung
Der pränatale Trisomie-Test wird ab 2022 von den Krankenkassen übernommen. Das gilt allerdings nur „in begründeten Einzelfällen“.
Steigende Porto-Preise
Mit dem neuen Jahr steigen die Kosten für Briefversand um 5 Cent. Der Postkarten-Versand steigt um 10 Cent, während Einschreiben gleich 15 Cent teurer werden.
Die Portopreise steigen im neuen Jahr.
Minijob-Änderung
Ab Jahresbeginn 2022 muss bei der Anmeldung eines Minijobbers angegeben werden, wie dieser für die Beschäftigungsdauer krankenversichert ist.
Steuerliche Entlastung für Familien
Der Grundfreibetrag für Familien steigt 2022 und die Eckwerte des Einkommenssteuertarifs verschieben sich: Der Spitzensteuersatz von 45 Prozent wird erst dann fällig, wenn das zu versteuernde Einkommen 274.613 Euro im Veranlagungszeitraum 2021 beträgt oder ab 270.501 Euro im Jahr 2022.
Corona-Bonus verlängert
Arbeitgeber können ihren Angestellten steuerfrei maximal 1500 Euro Corona-Bonus zahlen. Die Frist, in der das möglich ist, wurde bis Ende März 2022 verlängert.
Wenn es weitere Änderungen gibt, werden wir sie hier ergänzen.
Krankenhausreform: Wie viele Kliniken brauchen wir?
Einspar-Potenzial: 700 Kliniken
Krankenhausreform: „Wir haben zurzeit 1900 Krankenhäuser, 1200 wären genug“, so Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses von Krankenkassen, Ärzten und Kliniken (G-BA) in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Es komme seiner Meinung nach nur darauf an, dass die verbleibenden Kliniken die Arbeit gut untereinander aufteilen. Das bringe nicht nur eine bessere Wirtschaftlichkeit für das Gesundheitswesen, es würde auch die medizinische Qualität steigern.
Heckens Vorschläge sind nicht exotisch, sondern folgen einem Trend, der sich schon länger abzeichnet: Einfache Eingriffe können kleinere Krankenhäuser übernehmen, anspruchsvolle bleiben zertifizierten Zentren vorbehalten.
Klinik-übergreifende Zusammenarbeit auf höchstem Niveau
Wie das funktionieren kann, lässt sich gut am Beispiel des Asklepios Tumorzentrum Hamburg (ATZHH) veranschaulichen. „Alle Patienten, egal über welche der angeschlossenen Kliniken sie zu uns kommen, werden in einem von wöchentlich im gesamten Tumorzentrum etwa 20 Tumorboards mit interdisziplinärer Besetzung besprochen, um so die individuell bestmöglichen Behandlungsschritte festzulegen“, sagt Prof. Dr. Dirk Arnold, Ärztlicher Direktor des ATZHH. In welcher Klinik die Behandlung dann erfolgt, ist abhängig vom Spezialisierungs-Grad der erforderlichen Therapie. Arnold: „Bei einer wöchentlichen Chemo-Therapie kann und sollte das Wohnort-nah geschehen. Wer Hochleistungs-Medizin benötigt, wird in den dafür spezialisierten Zentren behandelt.“
Die Diskussion um eine Krankenhausreform und die damit verbundene Reduzierung von Krankenhausbetten ist nicht neu. 2019 veröffentlichte die Bertelsmann Stiftung eine Studie, in der von damals von 1.400 Krankenhäusern in Deutschland ausgegangen wurde. Die Stiftung sprach sich für eine Reduzierung der Häuser auf deutlich unter 600 aus. Auch hier das Argument einer verbesserten Qualität bei der Patienten-Versorgung. Außerdem könnten so Engpässe bei Ärzten und Pflegepersonal abgemildert werden.
Intensivbetten sind unantastbar
Egal, wie groß die empfohlene Reduzierung ausfällt, die Intensivbetten sind ein Tabu. Wie wichtig die sein können, hat Corona eindrucksvoll vor Augen geführt. Aber eben auch: Die ganz schweren Beatmungsfälle können nur auf hochspezialisierten Intensivstationen versorgt werden.
Zu den Gegnern einer Reduzierung der Krankenhäuser gehört unter anderem der Deutsche Landkreistag, der im Juli 2021 davor gewarnt hat, dass sich die Krankenhäuser nicht aus der Fläche zurückziehen dürfen. Problematisch sei schon jetzt die Versorgungslage in einigen abgelegenen Landkreisen und Gemeinden. Dort finde ein kassenärztlicher Notdienst mitunter kaum noch statt: „Diese Löcher müssen zunächst gestopft werden“, fordert der Landkreistag und betont damit eine wichtige Herausforderung, an der sich jede Krankenhausreform messen lassen muss.
Gesundheit gehört zur Daseinsvorge
Der Zugang zu einem Krankenhaus gehört in Deutschland zur Daseinsvorsorge, die die Bundesregierung als eine „Versorgung der Menschen mit Dienstleistungen und Gütern des täglichen Bedarfs“ definiert. Im medizinischen Bereich ist damit einerseits eine Grundversorgung bei einfacheren gesundheitlichen Problemen gemeint. Bei komplizierteren Problemen muss andererseits eine rechtzeitige Spezialversorgung möglich sein.
Die gesundheitliche Daseinsvorsorge darf durch eine Krankenhausreform nicht angetastet werden. Heißt: Auch nach einer Reform sollte möglichst jeder Mensch in Deutschland jede für ihn notwendige medizinische Behandlung in ausreichend schneller Zeit erhalten. Es bedeutet aber auch: Ausnahmesituationen wie eine Pandemie mit einer Spitzenauslastung von Intensivbetten dürfen nicht dazu führen, dass Ärzte darüber entscheiden müssen, wen sie behandeln können und wen nicht.
Krankenhausreform: Optimale Vernetzung für mehr Effizienz
Für Christian Wagner, den Vorsitzenden der SGB V-Kommission beim Deutschen Sozialgerichtstag (DSGT), lassen sich solche Herausforderungen mit einer planvollen und intelligenten Vorgehensweise durchaus mit einer deutlich reduzierten Anzahl an Kliniken meistern.
Dazu gehört aus Wagners Sicht unter anderem, die verbleibenden Kliniken für eine effizientere Zusammenarbeit miteinander und mit weiteren Akteuren optimal zu vernetzen. Christian Wagner kann sich als solche Akteure in der Grundversorgung zum Beispiel eine steigende Anzahl von Gesundheitszentren vorstellen. Ebenfalls möglich wäre eine (falls nötig) stationäre Versorgung in größeren Praxen, die dafür wenige Betten bereithalten. Für die Intensivpflege in Spitzenlastzeiten verweist er auf REHA-Kliniken, die bereits während der Pandemie kurzfristig Intensivbetten aufgebaut hatten.
Digitalisierung schafft neue Möglichkeiten
Eine tragende Rolle für eine Krankenhausreform mit weniger Kliniken ohne eine verschlechterte Daseinsvorsorge nimmt die Digitalisierung ein. Möglichkeiten wie eine Videobehandlung und Instrumente wie die elektronische Patientenakte helfen dabei, Kosten zu senken, ohne medizinische Leistungen zu verschlechtern. Es sind Akteure wie mediorbis mit ihrem Angebot für Praxismarketing, die solch eine Digitalisierung in die Praxis umsetzen. Und das kann ein wichtiger Beitrag dafür sein, nach einer Krankenhausreform mit weniger Kliniken mehr zu erreichen.