Paybackpunkte-Apotheke-Heilmittelwerbegesetz-1

Apotheken-App: Payback muss weg

Mira Ross-Büttgen
03.03.2023

Payback-Punkte für Pillen versprach eine Apotheken-App und kassierte eine Klage. Jetzt entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe: Bonuspunkte beim Kauf rezeptpflichtiger Medikamente verstoßen genauso wie Backwaren gegen das Heilmittelwerbegesetz.

Neue Geschäftsmodelle, knapp am Heilmittelwerbegsetz vorbei

Das Angebot klang verlockend: Über eine neue App konnten sich Kunden mit teilnehmenden Apotheken nicht nur per Chat austauschen, sie konnten per App gleichzeitig Medikamente vorbestellen und dafür eine Belohnung kassieren. 50 Payback-Punkte, etwa 50 Cent wert, Belohnung waren pro Tag möglich. Einzige Bedingung: Die beauftragte Apotheke musste den Auftrag angenommen und als „abholbereit“ deklariert haben. Ob die Ware dann tatsächlich abgeholt wurde, spielte keine Rolle bei der Punktevergabe.

„Die App ist eines mehrerer Geschäftsmodelle aus letzter Zeit, mit denen Unternehmer sich als Bindeglied zwischen Kunde und Apotheke schalten“, sagt Christian Wagner, Fachanwalt für Medizinrecht, Vorsitzender der SGB V-Kommission beim Deutschen Sozialgerichtstag und Mitgründer von mediorbis. Aber: „Oft verstoßen solche Modelle gegen Gesetze“, sagt Wagner.

Ofenkrusti und Wasserwecken als Giveaway zum Blutdrucksenker

Paybackpunkte-Apotheke-Heilmittelwerbegesetz: Frau mit Blister und Smartphone

So urteilte in diesem Fall auch das Oberlandesgericht Karlsruhe und verwies auf das Heilmittelwerbegesetz (HWG). Darin heißt es: „Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen (…)“ (HWG, §7, Abs. 1).

Das HWG soll u. a. verhindern, dass die Preisbindung bei rezeptpflichtigen Medikamenten durch Boni unterlaufen wird. Duldeten die Gerichte lange noch kleine Geschenke in einem Wert von weniger als einem Euro, gilt inzwischen eine Null-Toleranz-Justiz, an der in Darmstadt auch ein Apotheker scheiterte, der Gutscheine für Wasserwecken und Ofenkrusti beim Bäcker nebenan über den Tresen reichte.

Verstoßen Apotheken gegen Wettbewerbsrecht?

Entscheidend für das Urteil war auch die Frage, ob die in Aussicht gestellten Bonuspunkte den Arzneimittelverkauf ankurbeln sollen oder eher als allgemeine Unternehmensdarstellung zu verstehen sind. Für die Richter war die Sache klar: „Bei der gewährten Vergünstigung in Form von Punkten gehe es weder um die Anpreisung der Leistungen der Apotheken noch um eine Zuwendung aus anderen unternehmensbezogenen Gründen. Vielmehr schaffe sie einen Anreiz mit dem Ziel, die Abgabe von (u. a. rezeptpflichtigen) Arzneimitteln zu fördern.“ (Akz. 6 U 108/21)

Weiter heißt es in der Urteilsbegründung: „Das Verhalten der Beklagten weise den für die Anwendung des Heilmittelwerbegesetzes erforderlichen Produktbezug auf und sei auf die unzulässige Zuwendung einer Werbegabe gerichtet.“ Dabei war es für das Urteil unerheblich, ob es tatsächlich zu einem Verkauf gekommen ist.

Eine andere, für Apotheken wichtige Frage blieb in dem Prozess unbeantwortet: Verhalten sich Apotheken wettbewerbswidrig, wenn sie sich auf eine Kooperation mit einem Anbieter wie diesem App-Betreiber einlassen. Anwalt Wagner: „Es ist zumindest möglich. Apotheker sollten sich deshalb beraten lassen, bevor sie sich für derartige Kooperationen entscheiden.“

Nebenwirkungen gut sichtbar ins Schaufenster

Apotheker müssen viele Regeln aus dem Heilmittelwerbegesetz beachten, wenn es um eine öffentlichkeitswirksame Präsentation des eigenen Angebots geht. Das betrifft nicht nur ein mögliches Onlinemarketing, sondern auch Offlinewerbung wie die Gestaltung des Apotheken-Schaufensters. Wie bei anderen Varianten der Werbung sind Apotheker hier zu einigen Angaben verpflichtet, die das HWG ihnen vorschreibt. Dazu gehören Anwendungsgebiete, Gegenanzeigen und Nebenwirkungen präsentierter Arzneimittel. Eine Ausnahme von dieser Regel gibt’s nur bei Erinnerungswerbung.

Handelt es sich nicht um eine Erinnerungswerbung, müssen Nebenwirkungen & Co. ins Schaufenster. Natürlich nicht irgendwie. Laut Apothekenkammer Berlin müssen die Pflichtangaben im Schaufenster in einer „gut sichtbaren Höhe“ angebracht werden und zwar so, dass sie sich dem jeweiligen Arzneimittel klar zuordnen lassen, zu dem sie gehören.

Auch hier ist der Grat zwischen wettbewerbskonform und wettbewerbswidrig oft schmal. Fachanwalt Wagners Empfehlung: „Apotheker sollten sich für Werbemaßnahmen gut beraten lassen oder sich zumindest intensiv selbst mit dem gesetzlichen Rahmen beschäftigen, in dem sie sich bewegen dürfen. Ansonsten kann es sehr schnell Konflikte mit dem Gesetzgeber geben.“

Bildnachweis

Bild 1: ©iStock/eyesfoto, Bild 2: ©iStock/eyesfoto

Kontakt zu mediorbis

Bitte wählen Sie ein Thema aus...*
Bitte wählen Sie ein Thema aus...
Praxisbörse
Praxisabgabe
Praxisübernahme
Praxisbewertung
Praxisabgabe an Investoren
Unternehmensberatung für Ärzte
Steuerberatung für Ärzte
Fachanwalt Medizinrecht
Praxisberatung & Praxismanagement
Praxismarketing
Suchmaschinenoptimierung
Webdesign für Ärzte
Patientenakquise
Social Media Marketing
Medical Headhunting
IT Consulting
Ärzteversicherungen
Praxisfinanzierung
Hilfe & Support
Sonstiges

Suche