Cannabis Legalisierung Nogo

Cannabis-Legalisierung: „Totaler Kontrollverlust“

Mira Ross-Büttgen
20.04.2023

Karl Lauterbachs Pläne, die von der Ampel gewollte Cannabis-Legalisierung umzusetzen, sind für Sebastian Pötzsch eine politische Bankrotterklärung. Der Branchen-Insider und mediorbis-Geschäftsführer: „Wird dieser Plan so umgesetzt, bedeutet das nichts weniger als den totalen Kontrollverlust über den Cannabismarkt in Deutschland.“

„Nicht einmal ansatzweise zu Ende gedacht.“

In ihrem Koalitionsvertrag haben SPD, FDP und Grüne vereinbart, die „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ zu ermöglichen. Der jetzt vorgestellte Plan von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht unter anderem vor, dass Cannabis in sogenannten Social Clubs an Mitglieder verkauft werden darf. Außerdem soll jede erwachsene Deutsche drei Hanfpflanzen im Garten oder auf dem Balkon stehen haben und 25 Gramm Gras besitzen. Guter Plan?

Sebastian Pötzsch: Was der Bundesgesundheitsminister vorgestellt hat, ist nicht einmal ansatzweise zu Ende gedacht und die mit Abstand schlechteste aller Optionen für eine Legalisierung von Cannabis.

Illegale Dealer schmeißen Partys.

Schlecht für wen?

Sebastian Pötzsch, CEO mediorbis / Geschäftsführer von mediorbis
Branchenkenner und mediorbis-Geschäftsführer: Sebastian Pötzsch.

Schlecht für die Ziele der Koalition und ganz schlecht für Menschen, die gesundheitlich oder beruflich mit Cannabis zu tun haben. Illegale Dealer ausgeklammert. Die schmeißen Partys, wenn der Plan tatsächlich so umgesetzt werden sollte.

Das Ziel der Quasi-Legalisierung würde doch erreicht werden.

Warum will die Ampel Cannabis legalisieren? Wörtlich heißt es im Eckpunktepapier der Bundesregierung: „… soll die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz sowie Gesundheitsschutz für Konsumentinnen und Konsumenten bestmöglich gewährleistet werden.“ Ich frage mich, wie soll die Qualität kontrolliert werden, wenn jeder Ü18 irgendwo drei Pflanzen anbauen darf. Es wird damit absolut leichtgläubig mit der Produktqualität umgegangen, denn ohne kommerzielle Lieferketten kann man weder sagen, woher was kommt, noch was drin ist, noch welche Qualität es enthält. Selbst in der professionellen Produktion von medizinischem Cannabis gibt es immer wieder Probleme. Zum Beispiel mit Schimmel. Ein anderes Problem sind Schwermetalle, die über das Wasser in die Pflanze und dann zum Konsumenten kommen. Die letzte Bastion einigermaßen kontrollierten Anbaus wären die drei in Deutschland lizensierten Medizinal-Cannabis-Produzenten. Aber selbst die kommen in Schwierigkeiten, wenn der Plan so umgesetzt wird.

„Der Verfolgungsdruck durch die Behörden fällt fast ganz weg.“

Das ist doch ein ganz eigener Markt und strikt getrennt vom illegalen Markt auf der Straße.

Die Produzenten ja, die Konsumenten nein. Lehnt die Krankenkasse die Kostenübernahme für ein vom Arzt ausgestelltes BtM-Rezept ab – und das passiert immer noch sehr oft –, muss der Patient die Kosten für das Cannabis aus eigener Tasche übernehmen. Er kann mit dem Rezept zwar zur Apotheke gehen und dort Cannabis beziehen. Was aber passiert, wenn er in der Apotheke für ein Gramm 15 Euro oder noch mehr bezahlen muss? Dann besorgt er sich das Gras doch lieber anderswo. Bisher musste er dafür in die Illegalität eintauchen und etwa neun bis zehn Euro zahlen. In Zukunft gibt’s Cannabis überall für kleines Geld, denn jeder darf es anbauen und besitzen. Der Verfolgungsdruck durch die Behörden fällt fast ganz weg. Jeder Dealer kann, je nachdem, wo dann die Grenze gesetzt wird, mit 25 Gramm Gras in der Tasche durchs Viertel bummeln.

Damit dürfte sich dann auch gleich der Wunsch erledigt haben, den Schwarzmarkt auszutrocknen.

Exakt. Diesen Wunsch mit diesem Plan umsetzen zu wollen, ist geradezu grotesk realitätsfern. Jeder Dealer könnte in Zukunft ganz legal seinen eigenen Social Club eröffnen.

Markt wird mit billigem Cannabis geflutet.

Der Jugendschutz steht auch noch im Eckpunktepapier der Bundesregierung.

Wenn der Markt mit billigem Cannabis geflutet wird, das niemand kontrolliert und jeder besitzen darf und es also auch problemlos und ohne Verfolgungsdruck weitergeben kann, fällt es mir schwer zu erkennen, was das mit Jugendschutz zu tun haben könnte.

Gibt es einen Ausweg mit Jugend- und Qualitätsschutz?

Ich bin kein Jurist und gäbe es einen einfachen Ausweg, hätten ihn wohl auch schon die Experten im Bundesgesundheitsministerium gefunden. Hier prallt internationales Recht auf Wunschdenken der Ampelregierung. Cannabis gilt nach WHO-Definition immer noch als Droge. Wir könnten theoretisch sagen ‚Uns doch egal‘, aber das funktioniert wohl nicht so einfach. Die Ideallösung wäre wohl eher, dass nur geprüftes Cannabis in Apotheken frei verkauft und dabei auch das Alter geprüft wird. Das ist – mit Ausnahme des erforderlichen BtM-Rezepts – der Weg, den wir in Deutschland seit 2017 mit Medizinalcannabis erfolgreich gehen. Aber dafür dürfte Cannabis nicht zu den Betäubungsmitteln zählen, siehe oben. Die Cannabis-Legalisierung mit internationalem Recht abzustimmen, ist eine große Hürde. Aber wird der Lauterbach-Plan so umgesetzt, bedeutet das nichts weniger als den totalen Kontrollverlust über den Cannabismarkt in Deutschland.

Bildnachweis

Bild 1: Istock | Dilok Klaisataporn

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