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Was muss? Was kann? Heikle OPs im Corona-Zeitalter

Viviane Clarin
02.01.2022

Um ein „Überlaufen“ der Intensivstationen zu verhindern, werden aktuell Operationen verschoben. Können Patienten dagegen klagen? In bestimmten Fällen schon.

Der permanente Blutverlust der 82-jährigen Patientin war so gravierend, dass sie unter Kurzatmigkeit litt und zunehmend Schwierigkeiten hatte, ihren Lebensalltag zu bewältigen. Der Hämoglobinwert lag bei 8,4 g/dl. Bei Frauen sollte er nicht unter 12 g/dl liegen. Ihr Körper hatte schlicht nicht genug Sauerstoff zur Verfügung. Im Stuhl fand sich okkultes Blut.

Der permanente Blutverlust der 82-jährigen Patientin war so gravierend, dass sie unter Kurzatmigkeit litt und zunehmend Schwierigkeiten hatte, ihren Lebensalltag zu bewältigen. Der Hämoglobinwert lag bei 8,4 g/dl. Bei Frauen sollte er nicht unter 12 g/dl liegen. Ihr Körper hatte schlicht nicht genug Sauerstoff zur Verfügung. Im Stuhl fand sich okkultes Blut.

Ein Befund, der in Verbindung mit dem viel zu tiefen Hämoglobinwert auf eine möglicherweise lebensbedrohliche Situation hinweist und dringend abgeklärt werden sollte. Der Hausarzt entschied im Pandemie-Sommer 2020, die mehrfach vorerkrankte Patientin sollte nicht dem Risiko einer Corona-Infektion im Krankenhaus ausgesetzt werden. Einen Impfstoff gab es noch nicht. Die erforderliche Diagnostik des Magen- und Darmtrakts wurde bis auf Weiteres verschoben.

Wenn irreversible Schäden entstehen, darf nicht verschoben werden

„Das Verschieben eines Eingriffs muss medizinisch vertretbar sein. An der medizinischen Vertretbarkeit fehlt es, wenn diese irreversible Schäden für den Patienten nach sich ziehen würde.“ Das sagt Christian Wagner, Fachanwalt für Medizinrecht bei mediorbis.

Bei Schönheits-OPs dürfte die Lage klar sein. Bei anderen Operationen wie an den Augen, gibt es unterschiedliche Fälle. Jurist Wagner: „Eine altersbedingte Makuladegeneration ist keine lebensbedrohliche Erkrankung. Die OP kann verschoben werden. Bei der feuchten Makuladegeneration dagegen kann eine Erblindung die Folge von zu langem Warten sein. Ein Verschieben ist nicht möglich“.

Auch in der Kardiologie gibt es von schweren Klappenerkrankungen, die jederzeit zum Tod führen könnten, bis zu kleinen Undichtigkeiten einer Herzklappe, deren OP auch noch einen Monat warten kann, verschiedene Dringlichkeiten. „Grundsätzlich trifft der behandelnde Arzt die Entscheidung, ob die Verschiebung einer planbaren Operation medizinisch vertretbar ist“, erklärt Wagner. „Wer als Patient die Entscheidung anzweifelt, hat natürlich immer das Recht auf eine Zweitmeinung.“

Gute Aussicht auf Erfolg bei Schadensersatzklage

„Generell gilt, dass der Patient auch in der Corona-Krise Anspruch auf eine medizinische Behandlung nach dem aktuellen medizinischen Standard hat.“ Wenn die Verschiebung einer planbaren OP zu irreversiblem Schaden führen würde, dann entspricht das nicht dem medizinischen Standard. Der Patient hat dann die Möglichkeit zu klagen: „Er hat Aussicht auf Erfolg, Schadensersatzansprüchen gegen das Krankenhaus oder den behandelnden Arzt geltend zu machen“, sagt Fachanwalt Wagner.

Verschobene Eingriffe sind auch für Ärzte eine schwierige Situation – und verbunden mit der Gefahr, verklagt zu werden. „In jedem Fall ist die Dokumentation und Belegbarkeit der Entscheidung wichtig“, betont Wagner. Der Arzt muss also nachweisen können, dass er gemäß medizinischer Standards handelt. „Der Arzt hat die Pflicht, medizinischen Schaden von seinem Patienten abzuwenden. Gleichzeitig gilt der Grundsatz, dass er nicht zu mehr verpflichtet sein kann, als er zu leisten im Stande ist.“ Es muss also belegbar sein, dass er das nötige Personal für die OP nicht zur Verfügung hat.

Zweite Corona-Welle und ohne Impfschutz ins Krankenhaus

Bei der 82-jährigen Patientin wurden die Beschwerden immer gravierender, der Hämoglobinwert lag bei nur noch 6,7 g/dl. Eine weitere Verschiebung wäre unverantwortlich gewesen, so dass der behandelnde Hausarzt im Dezember nicht länger mit einer Überweisung zur Gastroskopie (Magenspiegelung) und Koloskopie (Darmspiegelung) warten konnte. Einen Corona-Impfstoff gab es zu dem Zeitpunkt noch nicht und die Infektionszahlen lagen deutlich über denen des Sommers.

Im Krankenhaus entdeckten die Ärzte unter anderem Missbildungen von Gefäßen im Antrum genannten Teil des Magens (Anglioplasien) und entfernten einen gutartigen Polypen. Der Eingriff kam noch rechtzeitig. Die Patientin hatte Glück. Der Arzt wahrscheinlich auch.

Bild 1: ©iStock / simon kr , Bild 2: ©iStock / Morsa Images

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