Was ist eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG)?
Berufsausübungegemeinschaft ist eine mögliche Kooperationsform für Ärzte, Psychotherapeuten oder Zahnärzten. Im Gegensatz zur Praxisgemeinschaft erfolgt in einer Berufsausübungsgemeinschaft eine systematische Kooperation und gemeinsame Berufsausübung der Partner. Ein Gesellschaftsvertrag ist obligat.
„Praxisformen: Einzelpraxis, Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft?“, kritzelt Sebastian auf seinen College-Block. Er möchte sich als Arzt niederlassen. Aber er ist noch unschlüssig, ob er der Einzelpraxis, Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft den Vorzug geben soll. Bevor er eine Entscheidung trifft, möchte er sich ganz genau über alle Besonderheiten sowie Vor- und Nachteile dieser drei Praxisformen informieren. Konzentriert setzt er seine Stichwort-Liste fort: „Berufsausübungsgemeinschaft – BAG – Rechtsform? Medizinisches Versorgungszentrum – MVZ – ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft?“
Definition: Praxisformen sind unterschiedliche Niederlassungs- und Kooperationsmodelle für Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten in der ambulanten medizinischen Versorgung.
Bei der Entscheidung für eine Niederlassungsoption geht es nicht nur darum, ob Sie sich eher als Teamplayer oder Individualist sehen. Besonders mit Blick auf die Verwaltung der Praxis, die Gestaltung der Arbeitszeit sowie Finanzierungsfragen kommt eine Praxisform für Sie womöglich mehr infrage als andere Praxisformen.
Teamarbeit bietet viele Vorteile, findet Sebastian: Er könnte vom Erfahrungsschatz eines Kollegen profitieren, man kann sich gemeinsam weiterbilden und Synergieeffekte erzielen, weil Praxisräume und Geräte gemeinsam genutzt werden. Auch das gemeinsame Management kann ein Vorteil sein, weil dem einzelnen Vertragsarzt oder -psychotherapeut in Kooperationen so oft mehr Zeit für Patienten bleibt. Aber noch ist Sebastian nicht entschieden.
Lieber Einzelpraxis als Praxisgemeinschaft?
Als Inhaber einer Einzelpraxis sind Sie Ihr eigener Chef: Die finanzielle und organisatorische Verantwortung liegt dementsprechend bei Ihnen, gleichzeitig haben Sie volle Flexibilität, was die Gestaltung Ihrer Arbeitszeiten betrifft. Auch die medizinische Ausrichtung Ihrer Praxis ist ganz Ihren persönlichen Wünschen und Vorstellungen überlassen. Mit rund 58 Prozent ist die Einzelpraxis übrigens die am häufigsten gewählte Praxisform in Deutschland.
Eine Einzelpraxis bedeutet Eigenständigkeit in jeder Hinsicht: Die medizinische Ausrichtung der Praxis, die Auswahl des Personals, die Organisation der Arbeitszeiten und alles Weitere liegt in Händen des Praxisinhabers. Damit ist er auch allein für die Finanzen verantwortlich und trägt die Kosten für Praxisräume, Angestellte und Ausstattung.
Wenn Sie sich für eine Einzelpraxis entscheiden, heißt das aber nicht zwingend, dass Sie alles allein stemmen müssen:
- Sie können mit anderen Ärzten kooperieren, etwa in Form einer Praxisgemeinschaft und Berufsausübungsgemeinschaft oder in einem Praxisnetz.
- Außerdem können Sie zur Verstärkung weitere Ärzte anstellen oder Weiterbildungsassistenten in Ihrer Praxis ausbilden.
Welche Vorteile und Nachteile hat eine Einzelpraxis gegenüber anderen Praxisformen?
Mit der Eigenständigkeit in Einzelpraxis sind viele Vorteile verbunden:
- Unabhängigkeit
- kurze Entscheidungswege
- flexible Gestaltung der Sprechstunden
- flexible Einteilung der Arbeitszeit
Aber natürlich gibt es durchaus auch Nachteile bei der Niederlassung in Einzelpraxis:
- alleinige Verantwortung für
- Finanzen
- Organisation
- Personalfragen
- und alle anderen Belange
- anfänglich fehlendes unternehmerisches und kaufmännisches Wissen
- kein unmittelbarer Austausch mit Kollegen
Ist die Gründung bzw. Übernahme einer Einzelpraxis das Richtige für Sie? Mit rund 58 Prozent ist die Einzelpraxis unter den verschiedenen Praxisformen die am häufigsten gewählte in Deutschland. Wenn Sie Ihr eigener Chef sein wollen, Unabhängigkeit schätzen und einen höheren Verwaltungsaufwand nicht scheuen, dann ist die Einzelpraxis für Sie sicherlich die geeignete Niederlassungsoption.
Um Kosten und organisatorischen Aufwand zu reduzieren, können Sie als Inhaber einer Einzelpraxis immer noch mit anderen Ärzten kooperieren – Stichwort Praxisgemeinschaft.
Dr. Christine Schleith im Interview: Vor- und Nachteile einer Einzelpraxis
Vor über zehn Jahren übernahm die Fachärztin für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren Dr. Christine Schleith eine Hausarztpraxis in Landshut. „Nach vielen Jahren der Arbeit im Krankenhaus, mit Fremdbestimmung durch Oberarzt und Chefarzt, vielen Nachtdiensten und ohne weitere berufliche Entwicklungschance“ hatte sie den Entschluss gefällt, „eigenverantwortlich in einer Einzelpraxis zu arbeiten“. Wir haben sie nach ihren Erfahrungen befragt.
Die Vorteile einer Einzelpraxis sind für Dr. Schleith eindeutig „die Flexibilität und freie individuelle Entscheidung über Sprechzeiten, Urlaub, Arbeitsabläufe, medizinische Ausrichtung bis hin zur Raumgestaltung“. Auch „Diskussionen etwa über Verteilungsschlüssel entfallen, da das Einkommen nicht zwischen Kollegen aufgeteilt wird“.
Aber Einzelpraxis-Inhaber haben auch Herausforderungen zu bewältigen: „Da alle Kosten allein getragen werden, ist die rationelle Auslastung von Räumen, Geräten und Personal in einer Einzelpraxis schwierig.“ Außerdem „sind der ärztliche Austausch und eine Zweitmeinung nicht gleich verfügbar und als Inhaberin einer Einzelpraxis habe ich keine ‚automatische‘ Vertretung bei Urlaub, Krankheit oder Fortbildung“.
Ärzte werden im Studium und in ihren ersten Berufsjahren nicht auf die Rolle des Unternehmers vorbereitet, die als Praxisinhaber einzunehmen ist – mit allen kaufmännischen Entscheidungen und dem unternehmerischen Risiko. „Angesichts zunehmender Reglementierung im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind bei einem Neustart in einer Einzelpraxis heute auch intelligente medizinische Unternehmenskonzepte von Bedeutung. Beispielsweise interessante Zusatzbezeichnungen, um eventuell auch Individuelle Gesundheitsleistungen (kurz: IGeL) abrechnen zu können.“
Work-Life-Balance als selbständiger Arzt – geht das?
Und die Work-Life-Balance? Speziell Ärztinnen müssen abwägen wie Praxis und Familienleben in Einklang gebracht werden. „Die Tätigkeit in Teilzeit ist nur bedingt möglich“, so Dr. Schleith. Zudem bestehe durch die Doppelbelastung die Gefahr eines Burn-out.
Tipp: Niederlassungswillige Ärzte, die eine Einzelpraxis übernehmen möchten, profitieren vom Austausch mit erfahrenen Kollegen. Dr. Schleith empfiehlt, dass „für gewisse Zeit eine Kooperation zwischen Praxisübernehmer und Praxisabgeber erfolgen sollte. Der Praxisübernehmer kann so die Patienten und Arbeitsabläufe kennenlernen und sich noch Vieles bei dem erfahrenen Kollegen abschauen und von seinen Erfahrungen lernen“.
Praxisgemeinschaft oder Gemeinschaftspraxis: Was sind die Unterschiede?
Praxisgemeinschaft und Gemeinschaftspraxis sind unterschiedliche Praxisformen. Um Praxisräume, Geräte und Personal gemeinsam zu nutzen, können Sie sich mit anderen Vertragsärzten gleicher oder unterschiedlicher Fachrichtungen zu einer Praxisgemeinschaft zusammenschließen. Der Unterschied zur Gemeinschaftspraxis: Jeder von Ihnen betreut einen eigenen Patientenstamm und Sie arbeiten getrennt voneinander. Das heißt auch die Abrechnung erstellt jedes Mitglied der Gemeinschaft getrennt und handelt auch sonst wirtschaftlich eigenständig. Entsprechend besteht keine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG).
Tipp: Um in der empfindlichsten Konsequenz nicht dem Straftatbestand des Geheimnisverrats zu unterliegen, ist eine strikte Trennung der Patientendaten zu empfehlen. Führen Sie getrennte Datenbanken und bilden Sie die Praxisverwaltung im Rahmen gesonderter Softwarelizenzen ab. Richten Sie für jede einzelne Praxis eine eigenständige Telefonnummer, Faxnummern und E-Mail-Adressen ein, damit für Ihre Patienten klar ersichtlich ist, dass es sich um verschiedene Praxen handelt.
Definition – Praxisgemeinschaft: Ein Zusammenschluss aus niedergelassenen Ärzten zum Zweck der gemeinschaftlichen Praxisorganisation. Dabei werden die Ressourcen heilberuflicher Ausübung gemeinschaftlich organisiert, wozu das Personal, die Räumlichkeiten und die Ausstattung (Einrichtung und medizinische Apparaturen) zählen. Im Sinne einer verständlicheren Abgrenzung zur Gemeinschaftspraxis hat sich die Bezeichnung Praxisorganisationsgemeinschaft neu etabliert. Im Gegenzug wird die Gemeinschaftspraxis als Berufsausübungsgemeinschaft bezeichnet.
Welche Vorteile hat eine Praxisgemeinschaft gegenüber anderen Praxisformen?
Die Praxisgemeinschaft lässt sich als ein Mittelding der Praxisformen Einzel- und Gemeinschaftspraxis beschreiben: Als Mitglied einer Praxisgemeinschaft arbeiten Sie selbstständig, mit eigener Patientenkartei und separater Abrechnung. Zugleich nutzen Sie Praxisräume, Personal und Geräte gemeinsam mit anderen Vertragsärzten gleicher oder verschiedener Fachgebiete. Das Ziel dieser Kooperationsform ist es, durch gemeinsame Ressourcennutzung Kosten zu sparen, die der Inhaber einer Einzelpraxis sonst allein zu tragen hätte. Eine Genehmigung durch den Zulassungsausschuss ist für eine Praxisgemeinschaft nicht notwendig.
Die Vorteile einer solchen ärztlichen Kooperation in Praxisgemeinschaft sind:
- Eigenständigkeit bei gemeinsamer Ressourcennutzung (Personal, medizinische Geräte…)
- Kostenreduzierung
- Verbesserung der Work-Life-Balance dank interner Praxisorganisation (Vertretung)
- Erweiterung des Leistungsangebots
Ob eine Praxisgemeinschaft die passende Praxisform für Sie ist? Wenn Sie selbstständig sein, aber zugleich Kosten für Räumlichkeiten, medizinische Geräte und Personal reduzieren möchten, kommt für Sie eine Kooperation mit anderen Vertragsärzten in Form einer Praxisgemeinschaft infrage.
Welche Nachteile und Risiken bestehen bei einer Praxisgemeinschaft?
Die Praxisform der Praxisgemeinschaft ist mit Vorteilen verbunden. Aber auch mit Risiken, die zur Vorsicht mahnen. Neben einer klaren Kommunikation der Praxisform gegenüber den Patienten ist vor allem die Trennung des Patientenstamms obligatorisch. Dort schlummern die größten Risiken. Denn der Anteil der gemeinsam betreuten Patienten darf die 20 %-Grenze nicht überschreiten; ansonsten ist die KV berechtigt, Honorarrückforderungen zu stellen.
Und es gibt durchaus weitere Nachteile bei dieser Praxisform: Da es sich bei einer Praxisgemeinschaft lediglich um einen organisatorischen Zusammenschluss handelt, jedes Mitglied aber eigenverantwortlich wirtschaftet, besteht zwischen den Kooperationspartnern eine geringere Loyalitätsverpflichtung als etwa bei einer gemeinsam geführten Praxis.
Tipp: Führen Sie Ihre Praxisgemeinschaft wie eine Gemeinschaftspraxis, indem Sie den Patientenstamm nicht separat führen, können sie später bei der Praxisabgabe oder Auflösung keine eindeutige Zuordnung der Patienten begründen. Nicht selten kommt es zu Streitigkeiten unter Ärzten über die Aufteilung des Patientenstamms. In der Konsequenz schmälert dies den immateriellen Wert Ihrer Praxis erheblich bis hin zu einer Unverkäuflichkeit Ihrer Arztpraxis.
Eine wahre Geschichte von vier Gründern einer Praxisgemeinschaft
Andrea praktiziert seit vier Jahren als niedergelassener Internist in einer Berliner Praxisgemeinschaft. Gemeinsam mit ihren drei Kollegen aus den Fachbereichen Allgemeinmedizin, Rheumatoloielen und Neurologie lässt sie den Praxisablauf von sieben medizinischen Fachangestellten organisieren. Grund für den Zusammenschluss war die Aussicht auf eine deutliche Kosteneinsparung und die Synergie durch gegenseitige Überweisung von Patienten.
Deutliche Einsparungen konnten auch im Bereich der Verwaltung erzielt werden, durch die gemeinsame Nutzung einer Software bis hin zu einer gemeinsamen Telefonnummer und die Einsparung von drei Telefonanschlüssen. Lange Zeit sah Andrea die Praxisorganisationsgemeinschaft mit ihren ärztlichen Kollegen als optimale Lösung zur Ablauf- und Ertragsoptimierung. Das hat sich leider jäh geändert. Und rückblickend betrachtet haben Andrea und ihre Kollegen eine Menge Fehler gemacht, die sie fast ihre Zulassungen gekostet hätten. Doch wie kam es dazu?
Was ist die Anzeigenpflicht einer Praxisgemeinschaft?
In der Berufsordnung und Zulassungsverordnung ist eine Anzeigenpflicht verankert. Die verpflichtet jede Praxisgemeinschaft, die Praxisform eindeutig für Patienten zu kennzeichnen. Zwar prüft weder die Ärztekammer noch die Kassenärztliche Vereinigung die Einhaltung dieser Pflicht, doch der Rechtsraum entspricht mindestens einem Graubereich, der spätestens im Falle weiterer Verstöße ins Gewicht fällt. Die Praxisgemeinschaft kann aufgrund Rechtscheins in die Haftung genommen werden, wenn für die Patienten nicht klar ersichtlich ist, dass es sich um getrennte Arztpraxen handelt. In der Folge wird eine Schein-Berufsausübungsgemeinschaft unterstellt, also der Betrieb einer Gemeinschaftspraxis unter Vorspiegelung einer Praxisgemeinschaft.
Wird von einem Gericht als bewiesen gesehen, dass Patienten in einer Praxisgemeinschaft identisch behandelt wurden, um das abgerechnete Ordinationsvolumen hochzutreiben, ist neben erheblichen Rückzahlungen an die Kassenärztliche Vereinigung in besonders schweren Fällen mit Freiheitsstrafen wegen gewerbsmäßigem Bandenbetrugs zu rechnen.
Tipp: Kennzeichnen Sie Ihre Praxisgemeinschaft eindeutig, um Ihrer Anzeigenpflicht nachzukommen. Bringen Sie beispielsweise auf dem Gebäudeschild die Bezeichnung „Praxisgemeinschaft“ an und führen Sie darunter Ihren Namen und die Namen Ihrer Kollegen an. Dies sollten Sie auch bei Mitteilungen an Ihre Patienten beherzigen, sowohl bei Signaturen Ihrer E-Mails als auch bei Ihrer schriftlichen Kommunikation in Form von Briefen oder Flyern.
Getrennte Patientenverwaltung der Praxisgemeinschaft: Worauf kommt es an?
Eine einheitliche Patientenverwaltung birgt zwar Vorteile und entspricht einer kostengünstigen Variante, doch der Gesetzgeber schreibt eine strikte Trennung der Patientendaten in einer Praxisgemeinschaft vor. Hat beispielsweise keine ordentliche Überweisung an den Kollegen stattgefunden und kann dieser dennoch auf alle Patientendaten zugreifen, besteht ein Bruch der ärztlichen Schweigepflicht. Das kann zu disziplinarischen Maßnahmen bis hin zur Aberkennung der Approbation führen.
Durch Schein-Berufsausübungsgemeinschaften entstehen den Krankenkassen empfindliche monetäre Einbußen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn in einem Quartal dieselben Patienten von Ärzten der Praxisgemeinschaft behandelt und Leistungen abgerechnet wurden, die in einer Gemeinschaftspraxis nicht abrechenbar gewesen wären. Zusätzlich dürfen bei fachgebietsidentischen Praxen nicht mehr als 20 % der Patienten gemeinsam behandelt werden. Handelt es sich um eine fachgebietsfremde Praxisgemeinschaft, gilt die Toleranzgrenze von 30 %.
Bei Grenzüberschreitung wird eine Implausibilität angenommen. Im Rahmen eines indiziellen Verdachts ist die Kassenärztliche Vereinigung zur Prüfung verpflichtet. In der Konsequenz können solche Prüfungen sachlich-rechnerische Berichtigungen auslösen. Und diese können im Ergebnis zu empfindlichen Honorarkürzungen oder Honorarrückforderungen führen. Als Vergleich gilt das Honorar, das in einer Berufsausübungsgemeinschaft verdient worden wäre.
Gesamtschuldnerische Haftung bei Schein-Praxisgemeinschaft
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Behandlung als Gemeinschaftspraxis eine gesamtschuldnerische Haftung nach sich zieht. Als zugehöriger Arzt einer Schein-Praxisgemeinschaft haften Sie dadurch für die Rückforderungen mit, auch wenn die Doppelbehandlung keinen Ihrer eigenen Patienten betrifft und ausschließlich auf Patienten Ihrer Kollegen zutrifft. Sollten sich nach derartigen Rückforderungsfällen weitere solche ergeben, ist mit disziplinarischen Maßnahmen und in besonders schweren Fällen mit strafrechtlichen Folgen zu rechnen.
Auch was die Schadensdeckung der Versicherung im Falle eines Behandlungsfehlers betrifft, kann es zu Deckungsausfällen des Versicherers der Berufshaftpflicht führen. Folglich wäre jeder Arzt der Schein-Praxisgemeinschaft und somit vermeintlichen Gemeinschaftspraxis mit seinem Privatvermögen mithaftbar, egal ob er am Behandlungsgeschehen beteiligt war oder nicht. Grundsätzlich kommt es auch des Öfteren zu Deckungslücken im Rahmen des Versicherungsschutzes, wenn der Betrieb einer Gemeinschaftspraxis unterstellt wird.
Warum besteht ein Umsatzsteuerrisiko bei der Überlassung von Praxisausstattung?
Eine Praxisgemeinschaft birgt den klaren Vorteil der gemeinschaftlichen Nutzung von Räumlichkeiten, Geräten und Verwaltungspersonal. Die Abgrenzung zur Gemeinschaftspraxis, bei der jeder zugehörige Arzt gemeinschaftlich haftet, muss eindeutig gestaltet und eingehalten werden. Anderenfalls schlagen die monetären Einsparungen in erhebliche Verluste und im Extremfall in strafrechtliche Konsequenzen um.
Um solche Risiken kategorisch auszuschließen, sollte eine Praxisgemeinschaft eindeutig als solche in der Außendarstellung gekennzeichnet werden.
Und das Umsatzsteuerrisiko? Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Arzt Praxisausstattung, also Geräte oder Einrichtungsgegenstände entgeltlich und ohne gesellschaftsrechtlichen Vertrag in die Praxisgemeinschaft einbringt. Dabei kann übersehen werden, dass ein gewerblicher Leistungsaustausch stattfindet, der bei fehlender Steuerbefreiung eine Umsatzsteuerpflicht nach sich zieht. Handelt es sich um eine hochwertig eingerichtete Praxisgemeinschaft können hier sechststellige Nachzahlungsforderungen des Finanzamtes entstehen. Der Leistungsaustausch ist steuerbefreit, wenn die überlassenen Gegenstände unmittelbar der Heilbehandlung förderlich sind. Davon ausgeschlossen sind beispielsweise Einrichtungen des Wartezimmers, des Empfangs sowie Praxissoftware und Hardwarekomponenten.
Wie Sie Ihren Patientenstamm rechtssicher trennen?
Und immer daran denken: Patientenstamm der Praxisorganisationsgemeinschaft trennen! Der Patientenstamm sollte separat im Rahmen einzelner Zugänge und Softwarelizenzen sowie voneinander getrennter Datenbanken geführt werden. Bei der Überschneidung von Patientenbehandlungen sollte die Toleranzgrenze von 20 % bei fachgebietsidentischen und 30 % bei fachgebietsfremdem Praxen eingehalten werden.
Es ist dringend zu empfehlen, einen Fachanwalt für Medizinrecht mit der Prüfung der Praxisstruktur zu beauftragen und etwaige Risiken durch Strukturveränderungen auszuschließen. Hier Beratungstermin buchen!
Andrea und ihre Kollegen mussten nach einer Prüfung der KV einen sechsstelligen Betrag zurückzahlen. Da die Toleranzquote gemeinsamer Patienten deutlich überschritten worden war, kam es erst zu dieser Prüfung. Andrea und ihre Kollegen haben sich in der Konsequenz dazu entschieden, die Praxisgemeinschaft in eine Gemeinschaftspraxis umzuwandeln, da ihnen der Ausschluss der Risiken wenig praktikabel im Rahmen ihrer heilberuflichen Tätigkeit erschien.
Was ist eine Berufsausübungsgemeinschaft?
Sie spielen mit dem Gedanken eine Berufsausübungsgemeinschaft zu gründen und fragen sich, welche Rechtsform die passende für Sie ist? Im Folgenden lernen Sie die charakteristischen Eigenschaften der einzelnen Formen einer BAG kennen. Sie gewinnen ein klares Verständnis über die richtige Wahl.
Definition „Berufsausübungsgemeinschaft“ – Möchten sich mindestens zwei Vertragsärzte oder Vertragspsychotherapeuten zu einer wirtschaftlichen und organisatorischen Einheit zusammenschließen, bilden sie eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Dabei sind folgende Aspekte charakteristisch:
- Führung einer gemeinsamen Patientenkartei
- Abrechnung über eine gemeinsame Abrechnungsnummer
- gemeinsame Haftung im Rahmen der Berufsausübungsgemeinschaft
- Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Zur Berufsausübungsgemeinschaft zählen die Praxisformen Gemeinschaftspraxis und Medizinisches Versorgungszentrum. Dabei können Vertragsärzte gleicher oder unterschiedlicher Fachbereiche eine BAG bilden. Aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung gilt die BAG als wirtschaftlich agierende Einheit, die einer Genehmigung durch den Zulassungsausschuss bedarf. Um eine Berufsausübungsgemeinschaft im Sinne einer Gemeinschaftspraxis zu gründen, sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
- Zulassung und Registereintrag der teilnehmenden Ärzte
- Zustimmung des Zulassungsausschusses
- Gründung einer GbR
- Gesellschaftervertrag
- gemeinsamer Praxissitz
Vorteile und Nachteile der BAG auf einen Blick
Vorteile einer BAG | Nachteile einer BAG |
---|---|
Abdeckung mehrerer Fachgebiete der ärztlichen Versorgung innerhalb einer Praxis | eingeschränkter Einfluss und längere Entscheidungswege durch die Notwendigkeit von Entscheidungen, die von der Gemeinschaft getragen werden müssen |
einfachere Vertretung bei Krankheitsausfall des praktizierenden Arztes aufgrund von geringerem persönlichen Bezug der Patienten | langfristige Bindung an die Partner der Berufsausübungsgemeinschaft im Hinblick auf potenzielle Konflikte und Meinungsverschiedenheiten bezüglich Behandlungsmethoden, Ausgaben und Investitionen |
Kosteneinsparung durch gemeinsame Nutzung der: Praxisräume, medizinischen Geräte, IT-Infrastruktur, Praxissoftware, Medizinischen Fachangestellten | |
Vermarktungsvorteile im Rahmen einer gemeinschaftlichen Außenwirkung | |
überörtlicher Zusammenschluss bei einer überörtlichen BAG verringertes Einzelrisiko durch Risikoverteilung auf die Gemeinschaft |
Berufsausübungsgemeinschaft: Was unterscheidet die örtliche BAG und die „überörtliche“ BAG?
Die örtliche Berufsausübungsgemeinschaft entspricht der klassischen Gemeinschaftspraxis, in welcher sich mindestens zwei Vertragsärzte am selben KV-Sitz zusammenschließen. Dabei sind folgende Gesichtspunkte typisch, die einen gemeinsamen Charakter verkörpern:
- Patientenbehandlung
- Haftung jedes beteiligten Vertragsarztes
- Verteilung der Praxisausgaben
- Gewinnverteilung
- Vertretung in der Außendarstellung
- Verantwortlichkeit für Mitarbeiter und Verwaltungsabläufe
Und die „überörtliche” BAG? Während bei einer örtlichen BAG alle beteiligten Vertragsärzte an einem gemeinsamen Vertragssitz tätig werden, definiert sich die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft aus geografisch unterschiedlichen Vertragsarztsitzen mit mehreren Praxisstandorten innerhalb einer KV-Region. Die partnerschaftlich zusammengeschlossenen Ärzte bleiben jeweils an ihrem vorherigen Vertragsarztsitz zugelassen und:
- können jeweils am Vertragssitz der anderen Partner tätig werden
- der Tätigkeitsumfang am eigenen Vertragssitz muss überwiegen
- einer der Vertragssitze muss bei der KV als Betriebsstätte angezeigt werden
- die überbleibenden Vertragssitze werden als Nebenbetriebsstätten behandelt
- die Versorgungs- und Präsenzpflichten an allen Standorten müssen gewährleistet werden
Was ist eine Teil-Berufsausübungsgemeinschaft (TBAG)?
Im Mittelpunkt der Teil-Berufsausübungsgemeinschaft steht der Bezug auf einzelne, teilweise sehr spezifische Leistungen, die aus verschiedenen Fachbereichen zusammengesetzt werden. Die Teil-Berufsausübungsgemeinschaft, umgangssprachlich auch Teilgemeinschaft genannt, besitzt folgende charakteristischen Merkmale:
- begrenzt sich auf bestimmte Fachbereiche
- dient zur Betreuung einer bestimmten Patientengruppe
- kann örtlich oder auch überörtlich sein
- kann einer vertragsrechtlichen Zeitbegrenzung unterliegen
Dabei wird vorausgesetzt, dass sich die Teil-Berufsausübungsgemeinschaft nicht aus überweisungsberechtigten Leistungserbringern zur Ausübung überweisungsgebundener, medizintechnischer Leistungen gegründet wird.
Berufsausübungsgemeinschaft: Was ist eine KV-übergreifende BAG?
Die KV-übergreifende Berufsausübungsgemeinschaft ähnelt der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft, da sie auch an mehreren Standorten tätig sein und verschiedenen Kassenärztlichen Vereinigungen zugehörig sein darf. Dabei gelten folgende wichtige Merkmale:
- Die praktizierenden Ärzte haben den Hauptstandort anzuzeigen, wodurch für zwei Jahre die zuständige KV bestimmt wird.
- Die Abrechnung muss bei jener KV vorgenommen werden, deren Sitz sich am Ort der Leistungserbringung befindet.
Gilt ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) als Berufsausübungsgemeinschaft?
Auch ein Medizinisches Versorgungszentrum gehört zu den Praxisformen, die als Berufsausübungsgemeinschaft klassifiziert sind. Wobei sich ein MVZ durch zusätzliche Eigenschaften von den restlichen BAG absetzt und dabei auch typische Merkmale reflektiert. Typisch für ein Medizinisches Versorgungszentrum sind folgende Gesichtspunkte:
- Ein MVZ kann von jedem Leistungserbringer gegründet werden, der auf Basis von Zulassung, Ermächtigung oder Vertrag an der medizinischen Versorgung des Versicherten teilnimmt.
- In einem Medizinischen Versorgungszentrum müssen mindestens zwei Ärzte angestellt oder als Vertragsärzte tätig sein.
- Die Gründung einer GmbH als Rechtsform ist möglich.
- Das MVZ muss von einem weisungsfreien Arzt geleitet werden.
- Rechte und Pflichten eines MVZ sind wie bei Vertragsärzten.
- Zulassungsrechtliche Bestimmungen sind wie bei Vertragsärzten.
- Es besteht keine Wachstumsbeschränkung auf Seiten der angestellten Ärzte, weil Zulassungen hinzugekauft oder von ausscheidenden Ärzten übernommen werden können.
Das Medizinische Versorgungszentrum ist besonders für ausscheidende Ärzte ein attraktives Modell. Möchte ein Vertragsarzt ausscheiden, übernimmt das MVZ gegen einmalige Zahlung seine Zulassung. So kann sich der ausscheidende Arzt die Suche nach einem Nachfolger sparen, die verbleibenden Gesellschafter des MVZ können sich die Kosten der Zulassung teilen und es kann ein weiterer Arzt eingestellt werden.
Was ist für das Genehmigungsverfahren einer BAG zu beachten?
Grundsätzlich ist es ratsam, sich bereits in einem frühen Gründungsstadium mit dem Zulassungsausschuss der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung in Kontakt zu setzen und sich detailliert über das Genehmigungsverfahren für die gewünschte Form der Berufsausübungsgemeinschaft zu informieren. Die Gründung einer BAG ist bei dem für den Hauptsitz verantwortlichen Zulassungsausschuss zu beantragen, was später auch jede Veränderung betrifft. Legen Sie dem Zulassungsausschuss den Antrag und den Gesellschaftervertrag der Berufsausübungsgemeinschaft vor, ebenso etwaige Anträge auf Praxisverlegungen und Zulassungsverzichte niedergelassener Kollegen zugunsten einer Anstellung.
Tipp: Welche Form der Berufsausübungsgemeinschaft die richtige ist, hängt von den Motiven der Beteiligten ab. Möchten Sie als Vertragsarzt den Praxisstandort ausbauen und ein Wachstum des Praxisumsatzes erzielen? Dann wäre vermutlich ein Medizinisches Versorgungszentrum die richtige Berufsausübungsgemeinschaft für Sie. Oder stehen vielmehr die Senkung der Kosten und die Bildung von Synergien für Sie im Vordergrund, während Sie entlastet werden möchten? In diesem Fall könnte möglicherweise die Gemeinschaftspraxis als örtliche BAG die richtige Wahl sein. Vielleicht möchten Sie ja auch die Praxisabgabe optimieren und sich einen späteren Ausstieg vereinfachen. Dann bietet wiederum der Rechtsrahmen des Medizinischen Versorgungszentrums eine passende Grundlage.
Um Fehler zu vermeiden und weil die Entscheidung für die Rechtsform weitreichende Folgen für Sie hat, empfiehlt sich die Hinzunahme von einem Fachanwalt für Medizinrecht. Der kann auch die steuerlichen Auswirkungen berücksichtigen und Sie bei der richtigen Wahl unterstützen. Hier Beratungstermin buchen!
Berufsausübungsgemeinschaft: Welche Steuer-Aspekte sind wichtig bei einer BAG?
Solange die Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) eine heilberufliche Tätigkeit gemäß Einkommensteuergesetz ausübt, ist sie vom Grundsatz her von der Gewerbesteuer befreit. Da alle Gesellschafter gemeinsam haften, reicht schon das teilweise Betreiben eines Gewerbes von nur einem Gesellschafter, um die Umsatzsteuerbefreiung zu kippen.
In der Folge werden sämtliche Einkünfte, also auch die sonst gewerbesteuerfreien Honorare aus ärztlicher Behandlung mit einer Gewerbesteuer belastet. Dies ist auch der Fall, wenn Personen an der Berufsausübungsgemeinschaft beteiligt sind, die über keine heilberufliche Zulassung verfügen und keinen arztverwandten Beruf ausüben. In beiden Fällen spricht man von einer „gewerblichen Infektion“, auch als Abfärbe- oder Durchsäuerungstheorie bezeichnet, die eine Gewerbesteuerpflicht auslöst.
Beziehen Sie im Zuge der integrierten Versorgung eine Fallpauschale von Ihrer Krankenkasse, die neben der medizinischen Behandlung auch die Abgabe von Arznei- und Hilfsmitteln abgelten soll? In diesem Fall stellt die Abgabe keine freiberufliche Tätigkeit dar und verkörpert das latente Risiko einer gewerblichen Infektion. Davon ausgeschlossen sind Hilfsmittel, die zwingend zu einer ärztlichen Heilbehandlung nötig sind, beispielsweise Gelenkprothesen oder Herzschrittmacher.
Tipp: Um das Risiko einer gewerblichen Infektion auszuschließen, sollten Sie alle gewerblichen Tätigkeiten außerhalb der heilberuflich praktizierenden Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) durchführen und strikt von Ihrer Buchhaltung trennen.
Was sind die Merkmale einer Berufsausübungsgemeinschaft in Form einer Gemeinschaftspraxis?
In einer Gemeinschaftspraxis oder Berufsausübungsgemeinschaft (BA) arbeiten Sie mit anderen Ärzten Ihrer Fachrichtung oder sich ergänzender Fachgebiete zusammen. Während Sie eigenverantwortlich und medizinisch unabhängig arbeiten, nutzen Sie Personal, Einrichtung und Praxisräume gemeinsam mit Ihren Kollegen. Außerdem teilen Sie einen gemeinsamen Patientenstamm und erstellen auch eine gemeinsame Abrechnung.
Der etwas sperrige Begriff Berufsausübungsgemeinschaft (kurz: BAG) wird oft synonym zu „Gemeinschaftspraxis“ verwendet und beschreibt deren Kern sehr treffend: In einer Gemeinschaftspraxis üben Sie Ihren ärztlichen Beruf gemeinsam mit anderen Vertragsärzten und / oder Psychotherapeuten aus. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie alle dieselbe Fachrichtung haben, also beispielsweise Hausärzte sind. Auch ein Hausarzt und ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt könnten sich zu einer Gemeinschaftspraxis zusammenschließen, da sich ihre Fachgebiete sinnvoll ergänzen.
Organisatorische & wirtschaftliche Einheit: In den rund 20.000 Gemeinschaftspraxen in Deutschland behandeln die Partner einen gemeinsamen Patientenstamm und rechnen über eine gemeinsame Abrechnungsnummer ab. Sie bilden eine wirtschaftliche und organisatorische Einheit, arbeiten aber eigenverantwortlich und medizinisch unabhängig. Um eine Gemeinschaftspraxis zu gründen, benötigen Sie eine Genehmigung durch den Zulassungsausschuss.
Welche Vorteile und Nachteile hat eine Gemeinschaftspraxis als BAG gegenüber anderen Praxisformen?
Einer für alle, alle für einen: Das könnte auch das Motto der Gemeinschaftspraxen sein. Die Vorteile der gemeinsamen Berufsausübung und Nutzung gemeinsamer Ressourcen sind:
- Kostenersparnis
- geringerer Organisations- und Verwaltungsaufwand
- individuellere Arbeitseinteilung
- Erhöhung der Fachkompetenz
- Möglichkeit des fachlichen Austauschs und der Einholung einer Zweitmeinung
- Erweiterung des Leistungsangebots
So viele Vorteile die Gemeinschaftspraxis als Berunfsausübungsgemeinschaft (BAG) auch hat, können dennoch Probleme auftreten. Diese sind häufig zwischenmenschlicher Natur, etwa wenn zwischen den Partnern Konflikte in Bezug auf die Honorarverteilung, Zielsetzungen oder Mitarbeiterführung auftreten. Wie es gelingt, solche Konflikte innerhalb der Gemeinschaftspraxis zu vermeiden, beschreibt dieser Artikel im Ärzteblatt.
Ob eine Gemeinschaftspraxis die passend für Sie ist oder doch eher eine der anderen Praxisformen? Wenn Sie gerne im Team arbeiten, die Kosten für Ihre Praxis nicht allein tragen möchten und Ihre Arbeitszeit gerne freier einteilen möchten, dann kann eine Gemeinschaftspraxis der richtige Weg für Sie sein. Besonders für Ärzte, die Familie und Beruf gut unter einen Hut bringen möchten, also eine ausgeglichene Work-Life-Balance anstreben, ist das Arbeiten in einer Berufsausübungsgemeinschaft sinnvoll.
Treffen Sie jedoch keine vorschnellen Entscheidungen, etwa wenn Ihnen eine Partnerschaft in einer Gemeinschaftspraxis angeboten wird. Prüfen Sie sich, aber auch die anderen Praxispartner genau: Kommen Sie nicht nur auf fachlicher, sondern vor allem auch auf persönlicher Ebene gut miteinander aus? Sind Sie sich in wichtigen Fragen einig, etwa bei der Formulierung einer gemeinsamen Praxisphilosophie oder den Zielen Ihrer gemeinsamen Praxis? Kritische Fragen sollten Sie auf jeden Fall frühzeitig klären und klare Regeln für Konfliktfälle aufstellen. Vielleicht passen andere Praxisformen doch besser zu Ihnen …
Was sind die Merkmale eines Medizinischen Versorgungszentrums als BAG?
Ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) ist eine ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), vergleichbar mit einer Gemeinschaftspraxis, wobei sowohl gesellschaftsrechtlich als auch strukturell unterschiedliche Merkmale bestehen. MVZ nehmen, ebenso wie niedergelassene Vertragsärzte in Selbstständigkeit, regelhaft an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung der gesetzlichen Krankenkassen teil und sind mit wenigen Unterschieden denselben Regeln der Leistungserbringung unterstellt.
Mit Einführung des MVZ hat man die Struktur ehemaliger DDR-Polikliniken nachgebildet und 2004 zu einem festen Bestandteil des Gesundheitssystems der Bundesrepublik Deutschland erklärt. MVZ sind darauf ausgerichtet, die patientenorientierte Versorgung aus einer Hand zu bewerkstelligen. Ihnen unterliegt eine gesetzliche Definition nach § 95 des Fünften Sozialgesetzbuches. Hier wird die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung geregelt.
Innerhalb eines MVZ können sich die Fachrichtungen einerseits heterogen, andereseits auch homogen zusammensetzen. Letzteres trifft beispielsweise bei einem Zahnmedizinischen Versorgungszentrum zu. Patientenseitig stehen dabei folgende Verbesserungen im Vordergrund:
- ein Medizinisches Versorgungszentrum verfügt im Regelfall über hochwertigere Praxisausstattung
- räumliche Integration verschiedener Fachbereiche
- reduzierte Patientenwartezeiten
- flexiblere Behandlungszeiten
- Kooperationen mit Kliniken
- Zusammenarbeit mit nichtärztlichen Heilberufen
Wer darf ein MVZ leiten und wie sind die Verantwortlichkeiten verteilt?
Medizinische Versorgungszentren stellen durchaus eine Besonderheit unter den Praxisformen dar. Sie müssen einer ärztlichen Leitung unterliegen, wobei der ärztliche Leiter als Vertragsarzt oder angestellter Arzt im MVZ praktizieren und in Gesundheitsfragen weisungsfrei sein muss. Möglich sind jedoch auch zwei ärztliche Leiter im Rahmen einer kooperativen Leitung. Diese Variante wird meist dann gewählt, wenn Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen im MVZ tätig sind, beispielsweise Ärzte und Psychotherapeuten.
Die tätigen Ärzte in einem MVZ sind entweder Vertragsärzte oder angestellte Ärzte. Ein MVZ setzt sich grundsätzlich aus folgenden Rollen für die verschiedenen Verantwortlichkeiten zusammen:
- ärztliche Leitung des Medizinischen Versorgungszentrums
- kaufmännische Leitung (Verwaltung)
- angestellte Ärzte
- Vertragsärzte
Typisch ist, dass bei dieser Art der Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) im Regelfall die kaufmännische von der ärztlichen Leitung getrennt wird, wodurch sich die Ärzte eines Medizinischen Versorgungszentrums unbeschwert ihrer heilberuflichen Aufgabe widmen und praktizieren können. Durch die gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten und Ausstattung sowie einem gemeinsamen Patientenstamm entstehen Synergien und Kosteneinsparungseffekte.
Berufsausübungsgemeinschaft: Wer sind die Betreiber von MVZ?
40 Prozent aller MVZ werden Krankenhäusern als Betreibern zugeordnet. Der Rest dieser Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) wird von zugelassenen Ärzten betrieben sowie von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen, anerkannten Praxisnetzen und gemeinnützigen Trägern, die mittels Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen oder von Kommunen gegründet werden.
Die Organisationsform eines Medizinischen Versorgungszentrums erstreckt sich von der Personengesellschaft (GbR) über die eingetragene Genossenschaft bis zur Gesellschaft mit begrenzter Haftung (GmbH).
Hintergrundwissen: Im Jahre 2018 existierten in Deutschland 2.821 medizinische Versorgungszentren mit ca. 18.000 Ärzten, was laut FAZ auf Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung beruht. Somit war die Anzahl, der in MVZ tätigen Heilberufe im Jahresvergleich um 13 % angestiegen. Von den praktizierenden Medizinern innerhalb der Medizinischen Versorgungszentren waren 92 % angestellt, während im Mittel 6,4 Ärzte gemäß KBV-Statistik in einem Medizinischen Versorgungszentrum arbeiten. Dabei waren Hausärzte, Internisten und Chirurgen am häufigsten vertreten.
Berufsausübungsgemeinschaft: Wie erfolgt die Wertermittlung beim Medizinischen Versorgungszentrum?
Der markanteste Unterschied zwischen den Praxisformen Medizinisches Versorgungszentrum und Örtliche Berufsausübungsgemeinschaft ist die Vergabe der Zulassung. Während bei einer Gemeinschaftspraxis jeder zugehörige Arzt eine Zulassung der KV benötigt, wird die Zulassung bei einem MVZ direkt der Gesellschaft erteilt. Somit können Ärzte in einem MVZ angestellt werden und unter dem Zulassungsschirm des Versorgungszentrums praktizieren. Das ist interessant für die Wertermittlung.
Bei der Wertermittlung eines Medizinischen Versorgungszentrums werden zunehmend Bewertungsfaktoren aus der klassischen Unternehmensbewertung herangezogen. Während die Gewinnmultiplikatoren bei den Praxisformen Einzelpraxis und Praxisgemeinschaft zwischen 0,5 und 2 liegen, werden bei MVZ teilweise zweistellige Multiplikatoren angesetzt.
Der gewichtigste Parameter bei der Preisschätzung eines MVZ ist die Anzahl angestellter Ärzte. Entsprechend nimmt mit steigender Anzahl der Multiplikator zu. Heutzutage suchen häufig institutionelle Investoren gezielt nach Beteiligungen an Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) in Form von MVZ.
Praxisformen im Vergleich: der Überblick
Die Niederlassungsoptionen für Ärzte sind vielfältig. Dieser Ratgeber hat Ihnen deshalb einen Überblick ausgewählter Praxisformen und Möglichkeiten der Kooperation geboten. Ob Sie zu einer Gemeinschaftspraxis als Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) oder zu einer Einzelpraxis mit oder ohne Kooperationen tendieren, ist jedoch Typfrage. Die wichtigsten Merkmale der Praxisformen Einzelpraxis, Gemeinschaftspraxis und Praxisgemeinschaft kennen Sie jetzt. Ob Individualist oder Teamworker: Finden Sie in der mediorbis-Praxisbörse die Praxis, die zu ihnen passt!
Bildquellen zum Ratgeber „Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) bis Praxisgemeinschaft – Welche Praxisform passt?“
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