Was ist die KV-Abrechnung?
KV-Abrechnung umschreibt die Abrechnung von ärztlichen Leistungen für gesetzlich Krankenversicherte mit den Kassenärztlichen Vereinigungen, kurz KV. Die Abrechnung bei Privatpatienten erfolgt auf anderer Grundlage. Relevant sind beide Abrechnungsarten für Ärzte und Patienten, die Cannabis als Medizin nutzen.
KV-Aufgaben: Was machen Kassenärztliche Vereinigungen?
Vor einem Blick auf KV-Aufgaben steht erst einmal die Frage: KV – was ist das? Die Abkürzung KV hat die Bedeutung Kassenärztliche Vereinigung. Sie ist damit etwas anderes als das KV brutto, das Arbeitnehmer bisweilen auf Lohnabrechnungen finden. Zu den Aufgaben einer Kassenärztlichen Vereinigung gehört es, die „ambulante ärztliche Versorgung aller gesetzlich Versicherten in Deutschland sicherzustellen“. Zugleich sind die KV Interessenvertreter für die freiberuflichen Praxisärzte und Psychotherapeuten: zum Beispiel gegenüber der Politik.
Die Existenzgrundlage kassenärztlicher Vereinigungen bildet Paragraf 77 im Fünften Sozialgesetzbuch. Sucht man für die Kassenärztliche Vereinigung nach einer Definition, wird man ebenfalls im Fünften Sozialgesetzbuch fündig. Paragraf 77 definiert sie als „Körperschaften des öffentlichen Rechts“ und Paragraf 75 beschreibt für die Kassenärztliche Vereinigung Aufgaben in der vertragsärztlichen Versorgung. Insgesamt gibt es 17 Kassenärztliche Vereinigungen, wobei 16 von ihnen jeweils für ein Bundesland zuständig sind. Eine Ausnahme bildet Nordrhein-Westfalen. Hier gibt es die KV Nordrhein und die KV Westfalen-Lippe.
Als Dachorganisation existiert die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Zu den wichtigsten KV-Aufgaben auf Bundesebene gehört es, für gesetzlich Krankenversicherte „deutschlandweit die gleiche hochwertige medizinische Betreuung“ sicherzustellen. Das bedeutet seit einigen Jahren auch: Die Kassenärztlichen Vereinigungen leisten mit ihrer Arbeit einen Beitrag dazu, dass schwerkranke Patienten Zugang zu einer Cannabistherapie haben, wenn sie medizinisch sinnvoll ist. Für Ärzte, die GKV-Patienten Cannabis-Rezepte verschreiben, ist die KV-Abrechnung die Grundlage dafür, dass sie Geld für ihre ärztlichen Leistungen erhalten. Zwischen Arzt und Krankenkasse ist diese ärztliche Vereinigung also eine Art Bindeglied.
KV-Abrechnung: Was haben die KV damit zu tun?
Kassenärztliche Vereinigung – was ist das und was macht sie? Ohne den Blick auf die Abrechnungen sind diese Fragen nicht umfassend beantwortet. Im Rahmen der Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigung kümmern sich die einzelnen Organisationen auch um Honorarzuteilungen an Ärzte und Psychotherapeuten. Sie sorgen dafür, dass sie ihre Honorare für die von gesetzlichen Krankenkassen finanzierten ärztlichen Aufgaben erhalten. Die Ärzte und Psychotherapeuten übersenden dafür regelmäßig eine KV-Abrechnung an die für sie zuständige Kassenärztliche Vereinigung. Sie wird auch Quartalsabrechnung genannt. Was bedeutet Quartal? Quartal hat die Bedeutung „Viertel eines Kalenderjahres. Die Abrechnung erfolgt damit alle drei Monate.
Was Ärzte (und Psychotherapeuten) abrechnen können, ist klar geregelt. Das gilt auch dann, wenn sie Patienten Cannabis auf Rezept verschreiben. Als KV-Aufgaben bleibt hier festzuhalten: Sie verteilen die von den Krankenkassen kommenden Gelder an die Leistungserbringer. Zugleich sind sie Verhandlungspartner der gesetzlichen Krankenkassen bei Verhandlungen rund um Abrechnungen und Honorare, die über die Gesetzliche Krankenversicherung an Ärzte und Psychotherapeuten fließen.
KV-Arzt: Was ist damit gemeint?
Was ein KV-Arzt ist, ist noch nicht ausreichend geklärt, wenn man die Antwort auf die Frage kennt: Was ist KV? Der KV-Arzt bietet seinen Patienten Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, die er mit den Krankenkassen über die ärztliche Vereinigung abrechnet. Der Versicherte zahlt damit selbst in der Regel nichts für die ärztliche Leistung. Der KV-Arzt unterscheidet sich mit seiner Praxis vom Arzt in der Privatpraxis.
Was bedeutet Privatpraxis? Der Arzt erhält sein Honorar direkt vom Privatpatienten, der die Kosten unter Umständen von einer Privaten Krankenkasse erstattet bekommt. Die Privatabrechnung der Ärzte funktioniert völlig anders als die Abrechnung durch einen Arzt, der gesetzlich Krankenversicherte behandelt. Für die KV-Abrechnung existiert ein Einheitlicher Bemessungsmaßstab (EBM). Dazu später mehr. Jeder KV-Arzt, der eine Kassenzulassung als Vertragsarzt erhält, wird Mitglied der für seinen Standort zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung. Er wird zudem in das KV-Arztregister eingetragen. Das Arztregister umfasst Angaben zur Tätigkeit des Arztes sowie zu seiner Person.
Das Sachleistungsprinzip in der GKV: Wie funktioniert die KV-Abrechnung?
Gemeint ist mit dem Begriff Sachleistungsprinzip in der GKV das im vorherigen Absatz beschriebene Prinzip, mit dem der KV-Arzt für seine Leistungen von der GKV bezahlt wird: nach der KV-Abrechnung über die Kassenärztlichen Vereinigungen. Er rechnet als Leistungserbringer nicht direkt mit dem Leistungsempfänger (Patienten) ab. Stattdessen erhält der Patient bei verschiedensten Krankheiten vom harmlosen Schnupfen über Rückenschmerzen bis zu schweren Erkrankungen wie Krebs Leistungen der GKV, für die er den Arzt nicht selbst entlohnt. Das übernimmt die gesetzliche Krankenkasse für ihn.
Verteilt wird das Geld der gesetzlichen Krankenkassen über die ärztliche Vereinigung (KV) an die Ärzte des jeweiligen Zuständigkeitsgebiets der KV. Dem Sachleistungsprinzip in der GKV steht das Kostenerstattungsprinzip der privaten Krankenkassen entgegen. Der Patient muss hier anders handeln als der GKV-Patient. Beim Kostenerstattungsprinzip geht der Patient in Vorkasse. Er zahlt die Rechnung des Arztes und kann sich das gezahlte Geld oder zumindest einen Teil der Kosten von der Krankenkasse zurückholen.
KV-Arztsuche? Das kann schwierig werden.
Eine KV-Arztsuche ist bei einer Cannabistherapie oft nicht einfach. Für einen potenziellen Cannabis-Patienten, der sich beispielsweise im Kampf gegen Schmerzen eine positive Cannabis-Wirkung verspricht, ist deshalb etwas anderes viel wichtiger als Fragen wie:
- Was bedeutet KV-Arzt?
- Was ist die KV?
Die für ihn wichtige Frage lautet: Wo finde ich bei meiner Arztsuche einen mit KV-Sitz ausgestatteten Arzt, der sich als Cannabis-Arzt versteht und Hanf als Arzneimittel mit THC– und / oder CBD-Wirkung verschreibt? Obwohl im Prinzip alle Ärzte Cannabis als Medikament verordnen dürfen, machen viele es nicht. Aber warum?
Sativa-Wirkung, Indica-Wirkung, Sativa-Indica-Unterschied, Haze-Sorten … muss ein Cannabisarzt solche Begriffe rund um Hanf und wichtige Hanfanbau-Unternehmen wie Bedrocan kennen? Muss der Arzt Patienten zur Wirkung von Cannabisblüten und Cannabissorten wie Ghost-Train-Haze ebenso gut beraten können wie zu Cannabis-Arzneimitteln wie Dronabinol und Sativex? Diese Vorstellung ist für einen zurecht abschreckend. So kompliziert ist es aber gar nicht. Wirklich wichtig für einen Cannabisarzt sind folgende Aspekte:
- Darreichung oral vs. inhalativ (bzw. Extrakt oder Blüten
- THC-dominant, CBD-dominant oder THC / CBD-ausgewogen
- Wirtschaftlichkeit / Kosten
- Prozess der Verordnung
Natürlich steht an allererster Stelle immer, ob Cannabis bei den Beschwerden des Patienten überhaupt eine Aussicht auf Besserung darstellt. Dafür ist eine Literaturrecherche zu einzelnen Indikationen unerlässlich.
.Jedes einzelne Cannabis-Rezept, das der Arzt als Vordruck von der Bundesopiumstelle erhält, ist übrigens ein Betäubungsmittelrezept. Er muss es geschützt aufbewahren: beispielsweise in einem Tresor.
Als Arzt ohne Erfahrung kann man an der KV-Abrechnung scheitern. Dann erbringt man vielleicht Leistungen für den Einsatz von Cannabis in der Schmerztherapie und kann sie nicht abrechnen. Konkret lässt sich sagen: Für eine Cannabis-Verordnung zulasten der GKV muss im Vorfeld ein Antrag auf Kostenübernahme nach §31 SGB V gestellt werden. Wenn die Kostenübernahme für eine Dar-reichungsform und Produktklasse (Blüten, Extrakte etc.) genehmigt wurde, dann können die entsprechenden Leistungen auch abgerechnet werden. Wenn man innerhalb der
Produktklasse ein anderes Produkt verordnet (z. B. eine andere Blüte oder ein anderes Extrakt), dann bedarf es bei den meisten Krankenkassen keines erneuten Antrags auf Kostenübernahme und der Arzt hat hier einen gewissen Verordnungsspielraum.
Eine Gefahr besteht allerdings, wenn der Arzt innerhalb der Produktklasse relativ teure Cannabisprodukte verordnet, ohne dass diese Entscheidung therapeutisch begründet und entsprechend in der Patientenakte dokumentiert wurde. In solchen Fällen kam es in der Vergangenheit häufig zu den viel gefürchteten Regressen, die bis heute in vielen Arztpraxen wie ein Damoklesschwert über der Cannabis-basierten Medizin hängen. Beispiel: „Um den Ärzten Sicherheit zu geben, bezieht sich die DAK-Gesundheit in der Bewilligung ausdrücklich auf die Darreichungsform, die der Arzt beantragt hat“, so DAK-Pressesprecherin Dagmar Schramm. Das heißt, dass ein Wechsel der Darreichungsform zum Beispiel von Extrakten zu Blüten ein erhebliches Regressrisiko bedeutet, wenn der Arzt zuvor lediglich eine Kostenübernahme für Extrakte beantragt hat.
Erst die erfolgreiche KV-Arztsuche schafft für Patienten die Grundbedingung, um Cannabisprodukte gegen Schmerzen oder andere gesundheitliche Probleme einzusetzen, wenn die Therapie von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt werden soll. Hat vielleicht der Hanfverband eine Ärzteliste? Nein. Die Website cannabis-aerzte.de listet einige Cannabis-Ärzte auf. Aber die Suche bleibt schwierig.
EBM: Was ist das nun wieder?
Was ist EBM? Die Abkürzung EBM steht für den Einheitlichen Bewertungsmaßstab, mit dem KV-Ärzte ihre verschiedenen Leistungen abrechnen. Der EBM arbeitet mit einem Punktesystem und einem sogenannten Orientierungspunktwert. Ein Beispiel:
- Ein ärztlicher Bericht über das Ergebnis einer Patientenuntersuchung steht laut EBM für 55 Punkte.
- Der Orientierungspunktwert wird zwischen dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ausgehandelt. Er liegt 2022 bei 11,2662 Cent.
- Dadurch ergibt sich für den Arzt im Beispiel ein bei der KV-Abrechnung abrechnungsfähiger Betrag von aufgerundet 6,20 Euro.
Jede abrechenbare Leistung besitzt eine sogenannte Gebührenordnungsposition (GOP). Der im Beispiel genannte Bericht hat die GOP 01600. Nicht verwechselt werden sollten sie GOP mit den BG-Abrechnungsziffern. Mit ihnen rechnet man ärztliche Leistungen bei Unfällen am Arbeitsplatz oder bei ähnlichen Unfallsituationen mit den Berufsgenossenschaften ab.
Eine der GOP im Einheitlichen Bewertungsmaßstab gilt explizit der Cannabis-Therapie. Mit der GOP 01626 können Ärzte die „gesetzlich geforderte ärztliche Begründung“ abrechnen, wenn „ein Patient eine Cannabistherapie bei seiner Kasse beantragt“. Die Punktzahl für diese Leistung liegt bei 143. So ergibt sich ein abrechenbarer Betrag von 16,11 Euro.
Natürlich kann ein Arzt weitere Positionen bei einer Cannabis-Therapie geltend machen. Oft werden Cannabinoide enthaltende Medikamente beispielsweise bei chronischen Schmerzzuständen verschrieben. Es gibt die eine oder andere Chronikerziffer im EBM. So beschreibt die Nummer 03220 einen Zuschlag „für die Behandlung und Betreuung eines Patienten mit mindestens einer lebensverändernden chronischen Erkrankung“. Sie lässt sich bei vielen mit Cannabis versorgten Schmerzpatienten ebenfalls abrechnen.
Abrechnung mit der KV: Der Topf hat (oft) einen Deckel
Die den Ärzten mögliche Abrechnung mit der KV, beispielsweise beim Einsatz von Cannabis als Schmerzmittel, lässt sich kaum verstehen, ohne weitere Begriffe rund um die KV-Abrechnung zu erklären. Einer davon ist der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV). Er bestimmt die Gesamtsumme, die die Gesetzlichen Krankenkassen für die überwiegende Zahl der abzurechnenden ärztlichen Leistungen zur Verfügung stellen. Dieser mit Geld gefüllte Topf ist gedeckelt. Er beinhaltet eine Summe X als Obergrenze der meisten zu verteilenden Gelder. Der konkrete Wert der von der KV zu verteilenden Summe hängt unter anderem vom Gesundheitszustand der Menschen im jeweiligen Gebiet (meistens Bundesland) der Kassenärztlichen Vereinigung ab.
Die KV verteilen die Gelder an die Ärzte anhand des sogenannten Honorarverteilungsmaßstabs (HVM). Diese Verteilerschlüssel sind in den verschiedenen KV-Regionen unterschiedlich geregelt. Für Ärzte ist die Morbiditätsbedingte Gesamtvergütung wichtig, weil sie das für ihre zu erwartende KV-Abrechnung bedeutende Regelleistungsvolumen (RLV) der Arztpraxis beeinflusst. Das RLV beeinflusst wiederum die Abrechnung mit Krankenkassen. Es definiert bei vielen ärztlichen Leistungen eine Obergrenze, bis zu der der Arzt Leistung zur vollen im EBM genannten Summe abrechnen kann. Bisweilen rechnet eine Arztpraxis eine bestimmte ärztliche Leistung deutlich häufiger als der Durchschnitt der Arztpraxen im Gebiet der Kassenärztlichen Vereinigung ab. Dann wird der auszuzahlende Betrag pro Fall bei der Abrechnung mit der KV für überzählige Fälle reduziert.
Abrechnungen erstellen: Es wird noch etwas komplizierter!
Wenn Ärzte Abrechnungen erstellen, kann neben dem Regelleistungsvolumen (RLV) auch ein Qualifikationsbezogenes Zusatzvolumen (QZV) eine Rolle spielen. Gemeint sind damit spezielle Leistungen, für die der Arzt qualifiziert und für die die Praxis (falls nötig) ausgestattet ist. Für solche Zusatzleistungen kann die Arztpraxis in der KV-Abrechnung ein über das ihr zustehende RLV hinausgehendes Honorar beanspruchen. Neben RLV und QZV gibt es bisweilen freie Leistungen. Freie Leistungen werden extra vergütet, aber ebenfalls aus dem gedeckelten Topf der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Die einzelne Praxis erhält durch die QZV unter Umständen mehr Geld. Die Gesamtsumme des zu verteilenden Geldes im KV-Bereich ändert sich dagegen nicht.
Ein Beispiel für eine von der KV Baden-Württemberg anerkannte freie Leistung sind bei Fachärzten für Innere Medizin mit Schwerpunkt Kardiologie nuklearmedizinische Leistungen (Stand: Quartal 4 – 2022). Neben RLV und QZV gibt es sogenannte extrabudgetäre Leistungen, beispielsweise bei Impfungen und Mutterschaftsvorsorge. Bei ihnen werden Ärzte, die Abrechnungen erstellen, nicht aus dem Topf bezahlt, der mit der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung gefüllt wird.
Abrechnung vom Arzt: Wirtschaftlichkeit wird kontrolliert!
RLV und QZV-Fälle können herangezogen werden, um für die Abrechnung vom Arzt mit der KV eine sogenannte Praxisbesonderheit festzustellen: Sie wird bei der Abrechnung der Arztpraxis mit der Kassenärztlichen Vereinigung und eventuellen Prüfungen berücksichtigt. Der Hintergrund: Bei einer Abrechnung hat die Kassenärztliche Vereinigung unter anderem zu prüfen, ob die abgerechneten Fallzahlen ein wirtschaftliches Handeln des Praxisinhabers belegen. Sind die Fallzahlen laut der Abrechnung mit der KV deutlich höher als die von vergleichbaren Praxen, kann eine Plausibilitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfung nach der KV-Abrechnung die Folge sein.
Im für den Arzt ungünstigsten Fall führt der Vorwurf unwirtschaftlichen Handelns zu einer Regressforderung. Der Arzt muss Geld zurückzahlen, das er für seine Leistungen erhalten hat. Eine Praxisbesonderheit kann hier hilfreich sein. Sie steigert die mögliche Anzahl bestimmter Behandlungen. Aufgrund der Praxisbesonderheit werden sie bei einer Prüfung der Abrechnung vom Arzt mit der KV nicht mit einbezogen. Ein Beispiel: Die KV Niedersachsen definiert unter anderem die Arzneimittel-Therapie gegen Mukoviszidose als Praxisbesonderheit.
Übrigens kann kann es auch bei Verordnung der günstigsten Cannabisprodukte vorkommen, dass auf einen Arzt eine Regress-Prüfung zukommt, wenn er im Vergleich zu seiner Arztgruppe atypisch häu-fig Cannabis-haltige Präparate verschreibt. Das ist allerdings nichts Ungewöhnliches und bezieht sich nicht nur auf Cannabis als Medizin – bei anderen Medikamenten wird genauso verfahren.
Sollte ein Vertragsarzt aufgrund der Cannabis-Verordnungen in ein Prüfverfahren kommen, kann er im Regelfall die Cannabis-Behandlung als individuelle Praxisbesonderheit geltend machen, erklärt zum Beispiel die Barmer Krankenkasse höchstselbst. Sind die Cannabis-Verordnungen plausibel, schützt ihn das vor Regressforderungen. Eine individuelle Praxisbesonderheit kann beispielsweise dann gegeben sein, wenn der Arzt im Vergleich zu seiner Fachgruppe sehr viele Cannabis-Patienten versorgt, für die tatsächlich keine andere Therapie infrage kommt. Da die Krankenkasse diese Frage für jeden einzelnen Patienten mit der Genehmigung des Kostenübernahmeantrags bereits bejaht hat, kann man die Praxisbesonderheit also problemlos mit Verweis auf die einzelnen Anträge nachweisen.
Wenn der Arzt hingegen ohne anerkannte therapeutische Begründung durchweg teure Cannabisprodukte oder außerordentlich hohe Tagesdosierungen verwendet, dann fällt es in
jedem Fall schwer, die Wirtschaftlichkeit der Verordnungen zu begründen. Da hilft dann auch keine Praxisbesonderheit.
GKV-Patienten: Herausforderung bei der Cannabis-Behandlung
Wer als Arzt medizinisches Cannabis für GKV-Patienten anbietet, lockt damit eventuell besonders viele Schmerzpatienten an. Das kann die Fallzahlen bei bestimmten Behandlungen im Vergleich zu anderen Praxen deutlich steigern. Dann droht eine Wirtschaftlichkeitsprüfung, die im ungünstigsten Fall zu einer Regressforderung führen könnte. Achtung: Eine Praxisbesonderheit ist nicht gegeben, wenn Praxen verstärkt Cannabistherapien anbieten. Deshalb haben einige Praxisinhaber Angst, aufgrund deutlich überdurchschnittlicher Fallzahlen durch Cannabis als Medizin eine Wirtschaftlichkeitsprüfung und daraus resultierende Regressforderungen zu riskieren. Zwar erklärten mehrere Krankenkassen 2018 gegenüber dem Wissensportal Leafly, dass Ärzte wegen Cannabistherapien kaum einen Regress fürchten müssen. Aber die Furcht vor einem erhöhten Regress-Risiko aufgrund von Cannabis-Therapien für GKV-Patienten lässt sich nicht völlig nicht beseitigen.
Cannabistherapie: Erst GKV fragen, dann abrechnen!
Die Gesetzlichen Krankenkassen haben bei der Cannabistherapie in der Regel einen Genehmigungsvorbehalt. Sie müssen der Therapie zustimmen, ehe sie über die KV-Abrechnung von ihnen bezahlt wird. Der Antrag auf Zustimmung muss genehmigt sein, BEVOR der Arzt das erste Cannabis-Rezept für seinen Patienten herausgibt. Davon abgesehn darf aber natürlich in medizinisch begründeten Fällen jederzeit ein Privatrezept herausgegeben werden. Erste positive therapeutische Erfahrungen mit Cannabis infolge einer privaten Verschreibung können zudem in vielen Fällen Teil der Argumentation gegenüber den Krankenkassen im Rahmen des Antrags auf Kostenübernahme nach § 31 SGB V sein. Wichtig zu wissen: Bei Ausstellung eines Privatrezepts sind auch die Behandlungskosten an sich vom Patienten zu zahlen, in der Regel 30 bis 50 Euro bei Erstverordnung, Folgeverschreibungen sind üblicherweise günstiger.
Auch gibt es Ausnahmen hinsichtlich des Genehmigungsvorbehalt der GKV. So können Ärzte beispielsweise eine zugelassene Cannabis-Fertigarznei wie Sativex auch ohne Genehmigung verschreiben. Das ist jedoch nur für Fälle möglich, für die das Medikament tatsächlich zugelassen wurde. Bei Sativex ist das Multiple Sklerose. Aus rechtlicher Sicht problematisch kann ein Off-Label-Use werden, bei dem ein Medikament nicht für den Zweck verschrieben wird, für den es zugelassen ist.
Beispiel Sativex: Ein Arzt setzte das Arzneimittel mit Cannabis als Schmerzmittel ein für einen medizinischen Zweck, für den es nicht zugelassen ist. Bei seinem Patienten hatten zuvor mehrere andere Versuche der Schmerztherapie nicht angeschlagen. Sativex half ihm aber. Die Krankenkasse zahlte die weitere Behandlung dennoch nicht und das Sozialgericht Karlsruhe gab ihr in diesem Fall Recht.
Der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen kann bei einer Cannabistherapie wertvolle Zeit kosten. Eine Lösung können Selektivverträge sein, bei denen Krankenkassen auf den Vorbehalt verzichten. Die AOK Rheinland/Hamburg hat solch einen Vertrag mit der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin abgeschlossen. Im KV-Bereich Nordrhein zugelassene Ärzte mit besonderer Qualifikation können Versicherten der AOK Rheinland/Hamburg jetzt Cannabisprodukte gegen Schmerzen verschreiben, ohne eine Genehmigung der Krankenkasse abzuwarten.
Cannabis gegen Schmerzen: ein kleiner Einschub
Cannabis gegen Schmerzen? Das ist seit einigen Jahren einfacher geworden. Seit 2017 können sich Patienten Cannabis verschreiben lassen und mit einem Cannabis-Rezept legal medizinisches Cannabis kaufen. Einlösen lässt sich das Rezept in einer Cannabis-Apotheke. Wirksam kann zum Beispiel Dronabinol in der Schmerztherapie sein. Dronabinol-Tropfen werden als Rezepturarzneimittel in den Apotheken hergestellt. Die Hanftropfen gegen Schmerzen wirken vor allem aufgrund des Cannabinoids THC. Einsetzbar sind in der Schmerztherapie aber auch Cannabinoide wie CBD und CBG. Zumeist entsteht die medizinische Wirksamkeit von Hanf ohnehin durch das Zusammenspiel diverser Wirkstoffe, zu denen auch Flavonoide und Terpene gehören.
Eine positive Cannabis- und Cannabisöl-Wirkung wird nicht nur in der Schmerztherapie versprochen, sondern auch in der Symptom-Behandlung bei Varianten des Krebses, bei Menschen, die als austherapiert gelten, sowie bei Krankheiten wie Epilepsie, Schizophrenie und ADHS: Ärzte werden hier genau hinsehen müssen, was die jeweilige Studienlage bei Fragen der Wirksamkeit hergibt. Und sie sollten feine Unterschiede berücksichtigen. So gilt die Wirkung von Cannabis gegen Schmerzen bei einigen Arten des Schmerzes als gesichert. In anderen Fällen wird viel vermutet und eher wenig gewusst. Deshalb bereitet die eine Schmerztherapie dem Arzt bei der KV-Abrechnung keinerlei Probleme, während die andere schwierig wird.
Achtung: Eine medizinische Therapie mit Cannabis gegen Schmerzen ist nicht dasselbe wie irgendwelche Versuche, sich selbst mit Produkten wie Hanftee aus dem Hanfblatt oder Hanföl aus Hanfsamen zu helfen. Medizinisches Cannabis wird vom Arzt verschrieben.
Quartalsabrechnung: Es gibt viel zu beachten!
Ob mit oder ohne Cannabistherapie: Die Quartalsabrechnung ist für viele Ärzte nicht ganz einfach. Von Quartal 1 bis Quartal 4: Jede einzelne Abrechnung pro Quartal mit der Krankenkasse über die KV ist kompliziert und ließe sich meistens optimieren, wenn der Arzt das dafür nötige Wissen besäße. Oft mangelt es aber genau daran. Ärzte finden im Internet mitunter für die Kassenabrechnung eine Vorlage. Bisweilen ebenfalls auffindbar ist für die gute Kassenabrechnung ein Beispiel, das das Prozedere vereinfachen kann.
Am Ende bleibt festzuhalten: Die Quartalsabrechnung ist eine Herausforderung, zumal auch der eingehaltene Abrechnungstermin für die Abrechnung mit der Krankenkasse (über die KV) wichtig ist. Gerade Neueinsteiger mit eigener Praxis sind oft dankbar, wenn ihnen die Abrechnung der Arztpraxis einfach erklärt wird. Und wenn jemand für die Kassenabrechnung ein Muster anbietet, ist das ebenfalls gern gesehen. Wie sieht eine gute KV-Abrechnung aus, eine, die wirtschaftlich für größtmöglichen Erfolg der Arztpraxis sorgt, ohne das Patientenwohl zu vernachlässigen? Es ist ein Lernprozess, bei dem die KV-Abrechnungsberatung der verschiedenen Kassenärztlichen Vereinigungen die Ärzte unterstützen kann. So lässt sich die Quartalsabrechnung wirklich optimieren.
Privatpatienten-Abrechnung: Hier ist alles anders.
Nicht wenige Ärzte bevorzugen die Privatpatienten-Abrechnung, wenn sie mit Wirkstoffen der Cannabispflanze wie THC und CBD eine Krankheit oder deren Symptome bekämpfen möchten. Warum? Die Verdienstmöglichkeiten sind oft größer und das Verwaltungsprozedere ist einfacher bei einer Privatabrechnung der Ärzte mit ihren Patienten. Bei einer Privatrechnung hat der Arzt also oftmals eine bessere wirtschaftliche Grundlage für seine Praxis. Mit der bezahlten Abrechnung haben Arzt und Privatpatient ihre aktuelle Behandlung abgeschlossen. Der Arzt hat die Leistung erbracht. Der Patient hat sie bezahlt. Um Geld von der Krankenkasse muss sich bei der Privatpatienten-Abrechnung im Gegensatz zur KV-Abrechnung der Patient kümmern.
Privatabrechnung der Ärzte: Wie funktioniert sie?
Grundlage der Privatabrechnung der Ärzte ist die Gebührenordnung für Ärzte, die GOÄ. EBM und GOÄ einfach erklärt? EBM ist der Berechnungsmaßstab bei der KV-Abrechnung von Leistungen, die die Gesetzlichen Krankenkassen bezahlen. Dagegen ist die GOÄ Basis der Abrechnung zwischen Arzt und Privatpatient. Das Honorar berechnet sich hier erst einmal ähnlich wie bei der KV-Abrechnung mit dem EBM.
- Für bestimmte Leistungen gibt es in der GOÄ Punkte.
- Sie werden mit dem Punktwert multipliziert. Er liegt aktuell bei 0,0582873 Euro.
- Multipliziert wird das Ergebnis dann nochmals mit dem Steigerungssatz.
Der einfache Steigerungssatz liegt bei 1. Das Ergebnis aus Punkt mal Punktwert bleibt also gleich. Der zulässige Steigerungssatz ist der Faktor, um den der Privatarzt sein Honorar maximal ohne Begründung steigern kann. Er liegt bei persönlichen Leistungen des Arztes bei 2,3. Ein Beispiel:
Eine ärztliche Beratung entspricht 80 Leistungspunkten. Multipliziert mit 0,0582873 Euro, ergibt sich ein Wert von 4,66 Euro. Der Arzt kann aber ohne Begründung viel mehr abrechnen. Multipliziert man die 4,66 Euro mit dem zulässigen Steigerungssatz 2,3, ergeben sich 10,72 Euro. Dieser Wert wird auch Regelhöchstsatz oder Schwellenwert genannt.
In begründeten Einzelfällen kann der Arzt bei persönlichen Leistungen sogar einen Steigerungssatz bis 3,5 ansetzen. Im Beispiel ergäbe sich damit ein Höchstsatz von 16,32 Euro. Kompliziert? Ja. Ist es. Manche Mediziner überlassen die teils komplizierte Privatabrechnung der Ärzte deshalb einer Abrechnungsstelle. Alternativ können sie sich Teile der Abrechnungsaufgaben vereinfachen, indem sie beispielsweise für die Honorarabrechnung eine Vorlage aus dem Internet verwenden.
KV-Abrechnung: GOÄ 245A – Was ist gemeint?
Die GOÄ stammt aus dem Jahr 1982 und die GOÄ 245 ist ein Gebührenordnungspunkt (Quengelverband zusätzlich zum jeweiligen Gipsverband) mit einer Leistungspunktzahl von 110. Daraus ergibt sich ein Einfachsatz von 6,41 Euro.
Genutzt wurde dieser Satz eine Weile lang auch für erhöhte Hygienemaßnahmen im Rahmen der COVID-19-Pandemie. Warum? 1982 war die Covid-Pandemie weit entfernt. Sie taucht in der GOÄ also nicht auf. Deshalb nutzt man vergleichbare Leistungen, um Honorare zu berechnen. Die Hygienemaßnahmen wurden als GOÄ 245A abgerechnet, wobei das „A“ für „Analog“ steht.
Ab Januar 2022 berechnete man den Wert der Hygieneleistungen nicht mehr nach 245A GOÄ. Berechnet wurden sie analog zum Gebührenordnungspunkt 383 (kutane Testung) mit nur 30 Punkten, allerdings jetzt multipliziert mit dem zulässigen Steigerungssatz 2,3. Dennoch ergab sich ein verringerter Betrag von 4,02 Euro.
Diese analogen Berechnungen wurden mit der Zeit immer wichtiger, da die alte GOÄ-Fassung aus 1982 nur teilweise novelliert wurde und relativ veraltet ist. Das macht die GOÄ- bisweilen schwieriger als die KV-Abrechnung. Eine neue GOÄ ist aber in Planung. Wahrscheinlich wird man bei ihr viel weniger Analogien als bei der GOÄ 245a benötigen.
Arztrechnungen prüfen: für Cannabis-Privatpatienten sinnvoll
Arztrechnungen zu prüfen oder prüfen zu lassen, ist für Privatpatienten oftmals sinnvoll, insbesondere wenn noch kein intensives Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient besteht. Das gibt auch für die Selbstzahler und / oder Privatpatienten unter den Cannabispatienten. Für sie fallen neben den Kosten für Cannabismedizin und für Instrumente wie einen Cannabis-Vaporizer die Arztkosten an. Die Arztrechnung zu prüfen, kann sie vor überhöhten Zahlungen für privatärztliche Leistungen bewahren. Eine unkomplizierte Möglichkeit, die Arztrechnungen zu prüfen, bietet das Internetportal des PKV-Verbands.
Achtung: Patienten sollten die Fristen für eine Verjährung ihrer Arztrechnung bei der PKV beachten. Läuft die (allerdings recht lange) Frist ab, gibt es kein Geld mehr von der Krankenkasse. Kleines Fazit: Bei einer Cannabistherapie mit KV-Abrechnung haben Patienten es etwas einfacher. Die Arztsuche ist aber meistens deutlich schwieriger.
Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zu einem Gesundheitsthema und dient somit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls einen Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen unsere Redakteure nicht beantworten.
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