Was ist ein Cannabis-Rezept?

Cannabis auf Rezept kann von jedem Haus- und Facharzt für Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen verschrieben werden, wenn die Behandlungsoptionen mit Standardtherapien ausgeschöpft sind.

Ein Cannabis-Rezept können Patienten also nicht nur von einem spezialisierten Cannabis-Arzt, sondern theoretisch von jedem Arzt, außer ihrem Zahnarzt, erhalten. Allerdings müssen sie vor Therapiebeginn einen Antrag auf Genehmigung bei ihrer Krankenkasse stellen. Nur wenn die schriftliche Begründung für eine ärztliche Verordnung unterstützt und der Antrag bewilligt wird, werden die Kosten für die Cannabis-Therapie von der Krankenkasse übernommen. Voraussetzung ist, dass der Cannabiskonsum die Krankheitssymptome und den -verlauf positiv beeinflusst. Eine Begutachtung erfolgt dabei durch den Medizinischen Dienst. 

Das Cannabis-Rezept muss exakt angeben, um welche Cannabis-Variante es sich handeln soll, die Abgabemenge sowie die Dosierung beinhalten. Eine Rezeptkopie oder einen Cannabispass sollte der Patient ausgehändigt bekommen, denn obwohl seit 2017 der Konsum von medizinischem Cannabis legalisiert wurde, kann der Besitz nach dem Betäubungsmittelgesetz strafbar sein. Je nach Bundesland unterschiedlich kann bereits das Mitführen von Cannabis ohne eine schriftliche Erlaubnis für den Erwerb geahndet werden. Legal ist nur für schwer erkrankte Menschen das vom Arzt mit einem Betäubungsmittelrezept verschriebene Cannabis, das in Apotheken (auch in Form einer Online-Apotheke) erhältlich ist.

Medizinisches Cannabis auf Rezept

Cannabis auf Rezept: Cannabispflanze
Cannabis auf Rezept ist medizinisches Cannabis aus kontrolliertem Anbau.

Der Weg vom rauschhaften Marihuanakonsum zum offiziellen Rezept für medizinisches Cannabis war ein längerer. Grundsätzlich ist zwar aktuell der Cannabiskonsum in Deutschland kein Straftatbestand, auch wenn Cannabis und -produkte laut Betäubungsmittelgesetz zu den „nicht verkehrsfähigen Betäubungsmitteln“ gehören. Doch dürfen nur geringe Mengen zum Eigenkonsum mitgeführt werden, und diese Menge liegt je nach Bundesland unterschiedlich zwischen 6–10 Gramm.

Cannabis als Medizin einzusetzen ist hingegen erst seit einer Gesetzesänderung in 2017 möglich. Wenn alle anderen Behandlungsoptionen ausgeschöpft sind, können sich nun Patienten Cannabis verschreiben lassen bei:

  • chronischen starken Schmerzen (zum Beispiel in der Krebstherapie oder bei Multipler Sklerose)
  • Epilepsien und Spastiken
  • Magersucht (Anorexie) oder zur Appetitanregung bei einer AIDS-Erkrankung
  • Übelkeit und Erbrechen während einer Chemotherapie

Vorausgegangen ist aber zunächst eine Risikoabwägung, da auch natürliches Cannabis Nebenwirkungen aufweisen kann, die sowohl akut als auch langfristig auftreten können. 

Zu den akuten Cannabis-Nebenwirkungen zählen Depressionen, Angstgefühle oder Panikattacken sowie die Verminderung der kognitiven Leistungsfähigkeit. Des Weiteren können Blutdruckabfall oder Herzrasen (Tachykardie) ausgelöst werden. Als mögliche langfristige Nebenwirkungen kann eine schizophrene Psychose oder eine psychische Abhängigkeit auftreten, da ein höher dosierter Cannabiskonsum über einen längeren zeitlichen Rahmen süchtig machen kann.

Hanf als Arzneimittel bleibt an ein Cannabis-Rezept gebunden

Cannabis auf Rezept: Hanf in Tropfenform
In Tropfenform lässt sich Hanf als Arzneimittel gut dosieren.

Medizinal-Hanf als Arzneimittel ist in Deutschland zugelassen, wenn es 

  • als Fertigarzneimittel vorliegt,
  • als Hanfextrakte in Tropfenform dosierbar ist oder
  • getrocknete Cannabisblüten umfasst.

Damit möchte man eine exakte Dosierung ermöglichen, um die psychoaktive THC-Wirkung und die Gefahr von Abhängigkeiten zu begrenzen.

Häufig werden Produkte wie CBD-Cannabisöl oder CBD-Kapseln mit ihrer beruhigenden und entspannenden CBD-Wirkung in Apotheken nachgefragt. Alternativ auch CBG-Öl, das eine ähnliche Wirkung hat. Doch auch ein weiteres der natürlichen Cannabinoide, der Hauptwirkstoff THC, findet als Arzneimittel insbesondere bei der Schmerzbehandlung oder bei Spasmen Anwendung. Denn wenn die Handlungsoptionen der Standardtherapien ausgeschöpft sind, kann der verschreibende Arzt THC zur Substitution in der Medizin einsetzen. Mundsprays wie Sativex, Dronabinol-Tropfen oder Vollspektrum-Öle mit Cannabidiol können so die Häufigkeit und Stärke von Krampfanfällen reduzieren. 

Dronabinol wird in der Schmerztherapie als Rezepturarzneimittel verordnet oder (seit April 2022) auch als Fertigarzneimittel angeboten. Insbesondere in der Krebstherapie setzt man bei Appetitlosigkeit und Übelkeit auf die Dronabinol-Wirkung.

Cannabis gegen Schmerzen

Cannabis auf Rezept: Vaporizer können Cannabisblüten verdampft werden
Im Vaporizer verdampfte Blüten der Cannabispflanze helfen gegen Schmerzen.

Dass Cannabis gegen Schmerzen wirkt, über eine entspannende und / oder euphorisierende Heilwirkung verfügt, ist seit Jahrtausenden bekannt. Auf diese Cannabis-Wirkung zielen die meisten der legalen CBD-Produkte ab. Aber auch manche Gras-Sorte wird in dem Bewusstsein, dass sie gegen Rückenschmerzen oder neuropathische Schmerzen helfen kann, konsumiert.

Zahlreiche unterschiedliche Cannabisprodukte können seit 2017 auf Rezept verordnet werden. Es handelt sich dabei allerdings ausschließlich um medizinisches Cannabis aus kontrolliertem Anbau, bei dem der enthaltene CBD-THC-Anteil exakt bestimmt ist. Wenn es sich beim Rezepturarzneimittel um getrocknete Blüten handelt, die in einem Cannabis-Vaporizer verdampft werden, müssen diese mit einer speziellen Waage vom Patienten portioniert werden. Der Arzt kann auf dem Rezept auch festlegen, dass die Apotheke diese vorportioniert, um eine THC-Überdosierung und damit unerwünschte Begleiterscheinungen auszuschließen.

Dronabinol: Wie wirkt das Cannabis?

Cannabis-Rezept: THC
Das auf dem THC-Wirkstoff basierende Dronabinol ist nur mit Cannabis-Rezept erhältlich. 

Der Hauptwirkstoff der natürlichen Hanfpflanze, das Tetrahydrocannabinol (THC), wird auch in Form von Rezepturarzneimitteln wie Dronabinol mittlerweile gezielt in der medizinischen Behandlung eingesetzt. Hier überwiegen die Vorteile der medizinischen Nutzung mögliche Nebenwirkungen. 

Der Pflanzenwirkstoff THC nutzt das psychische Endocannabinoid-System, über das sowohl Menschen als auch zahlreiche Tiere verfügen. Neben körpereigenen Cannabinoiden verfügt dieses menschliche System über eine Reihe spezifischer Rezeptoren, wie CB1 und CB2, die durch den THC-Wirkstoff aktiviert werden. Bekannt ist, dass die CBD1-Rezeptoren im zentralen Nervensystem sowohl mit kognitiven Fähigkeiten verbunden sind als auch zum Beispiel für die Wahrnehmung von Schmerz stehen.

Über das individuelle Endocannabinoid-System im menschlichen Gehirn entscheidet sich, ob Cannabis gegen Depression hilft oder ob das aus THC bestehende Dronabinol eine unerwünschte Psychose hervorruft. 

Cannabisblüten mit einem Cannabis-Rezept erhalten

Cannabis-Rezept: Cannisblueten
Die mit einem Cannabis-Rezept verschriebenen Cannabisblüten werden exakt dosiert.

Um Cannabisblüten aus kontrolliertem Anbau in einer Apotheke zu erhalten, sind einige Kriterien zu erfüllen, die auch im Zusammenhang mit der bereits erwähnten Kostenübernahme durch die Krankenkasse stehen. 

Im Gegensatz zu den Marihuana-Sorten, die bei Freizeitkonsumenten beliebt sind, steht beim medizinischen Cannabis nicht die rauschhafte Wirkung im Vordergrund, für die eine Gras-Pflanze gezüchtet werden kann, sondern zum Beispiel die Schmerzlinderung. Wie bei den Freizeit-Marihuanas enthalten die Blüte und die blütennahen Blätter auch bei medizinischen Cannabissorten den höchsten THC-Wert.

Wichtig für gezielte Züchtungen ist der sogenannte Sativa-Indica-Unterschied. Prinzipiell gilt die Sativa-Wirkung als eher auf geistiger Ebene belebend und euphorisierend, die Indica-Wirkung hingegen mehr auf konkret körperlicher Ebene wirkend. Daher achtet man bei medinischen Cannabisblüten auf die strenge Sortenauswahl, bei der Indica-Pflanzen mit ihrem natürlich niedrigeren THC-Gehalt im Vorteil sind ebenso wie Hybride mit einem hohen CBD-Anteil. Ganz allgemein gehören allerdings Haze-Sorten zu den am meisten angebauten Cannabispflanzen; sie zeichnen sich durch einen besonders hohen THC-Gehalt aus.

Auf einem Rezept muss die Variante der Cannabisblüte, die Abgabemenge und die Dosierung exakt vermerkt sein. Zur einfacheren Dosierung können Apotheken Cannabisblüten vorportioniert oder mit einem speziellen Dosierlöffel abgeben.

Cannabis und unterstützende Terpene

Cannabis-Rezept: Terpene sind natürliche Aromen.
Natürliche Terpene unterstützen die Wirkung von Cannabis.

Bei der medizinischen Verordnung von Cannabis stehen der THC- und der CBD-Anteil im Vordergrund, doch auch die zumeist entweder fruchtig-blumigen oder stechend-sandelholzartigen Aromen in Form der Terpene tragen unterstützend zur Wirkung von Cannabis bei.

Von den über 8.000 gelisteten Terpenen zählen 23 zu den wichtigsten, denen auch eine direkte therapeutische Wirkung zugeordnet werden kann:

Therapeutische WirkungWichtige Terpene
gegen Bakterien, Viren oder Pilze Alpha-Terpinen, Bisabolol, Gamma-Terpinen, Phellandrene 
entspannend und beruhigend, fördert den Schlaf Alpha-Santalol, Guaiol, Linalool, Terpinolen
GewichtsabnahmeAlpha-Terpineol, Camphen, Humulen
schmerzlindernd (chronisch und akut) p-Cymol, Nerolidol, Beta-Caryophyllen, Myrcen
kognitive Leistungssteigerung Alpha-Pinen, Beta-Pinen, Eucalyptol (Cineol), Limonen 
gegen Krebs und für den Knochenaufbau, senkt Fieber 3-Caren, Beta-Selinen, Geraniol, Ocimene

Cannabis-Apotheke: stationär und online 

Cannabis-Apotheken gibt es stationär und online.
Spezialisierte Cannabis-Apotheken garantieren das Einlösen der Cannabis-Rezepte. 

Das in einer spezialisierten Cannabis-Apotheke abgegebene natürliche oder (teil-) synthetische Arzneimittel Cannabis zählt zu den Betäubungsmitteln. Es darf vom Arzt nur mit einem maximal sieben Tage gültigen Betäubungsmittelrezept (BTM) verschrieben werden. Auch die zulässige Abgabehöchstmenge ist in einer Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) festgelegt. 

Zudem kann für die Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenkassen pro Cannabis-Rezept nur jeweils eine Cannabisblüte abgerechnet werden. Da nicht alle Cannabissorten vorgehalten werden können, kommt es bei der Versorgung stationärer Apotheken wiederkehrend zu Versorgungsengpässen. Hier sind die über das Internet abrufbaren Cannabis-Apotheken deutlich im Vorteil. Dabei handelt es sich um Internetpräsenzen stationärer Apotheken, die teilweise einem Verband Cannabis versorgender Apotheken (VCA) angehören.

Die spezialisierten Cannabis-Apotheken haben in den letzten Jahren Erfahrungswerte sammeln können und sich den Prozess der „Betreuung und Versorgung von Cannabis-Patienten“ beim TÜV nach der ISO Norm 9001:2015zertifizieren lassen. Im Rahmen dieser Abläufe wird empfohlen, die BtM-Rezepte per Einschreiben an die Apotheke zu senden, die das Cannabis per Express-Sendung zustellen lässt. Nachfragen von Patienten und verschreibenden Ärzten, werden per Telefon oder via E-Mail beantwortet.

Die Cannabis-Apotheke legt der Arzneimittel-Sendung eine freigegebene Kopie des Rezeptes für den Patienten bei. Um Missverständnissen vorzubeugen, sollte bei der Verordnung von Cannabis der Arzt dem Patienten einen Cannabisausweis autorisieren.

Cannabis-Rezepte bei Rezepturarzneimitteln

Cannabis-Rezept: Rezepturarzneimittel werden in der Apotheke hergestellt.
Rezepturarzneimittel der Cannabis-Rezepte stellt die Apotheke her.

Beim Einlösen der Cannabis-Rezepte für Rezepturarzneimittel, also beispielsweise für Cannabisblüten, bleibt einiges zu beachten. Zunächst erfolgt die ärztliche Verordnung des Cannabis über ein BtM-Rezept, das nur sieben Tage gültig ist.

Das Einlösen der Cannabis-Rezepte in einer Cannabis-Apotheke erfolgt in drei Schritten:

  1. Die Verfügbarkeit in der Apotheke wird geprüft und die Cannabismedizin reserviert.
  2. Der Patient sendet das Cannabis-Rezept ein oder bringt es persönlich vorbei.
  3. Das Cannabis kann in einer stationären Apotheke abgeholt oder per Express zugestellt werden.

Ärzte, die Cannabinoide verschreiben, sollten darauf hinweisen, dass sich der Patient vorab bei einem Erstantrag für Cannabis die Kostenübernahme durch die Krankenkasse bewilligen lassen muss. Es ist natürlich auch möglich, sich ein Privatrezept ausstellen zu lassen, aber dann zahlt der Patient selbst. 

Cannabis auf Rezept bei Fertigarzneimitteln

Ein Apotheker berät eine Patientin.
Bei Cannabis auf Rezept ist eine gute Betreuung durch eine spezialisierte Apotheke wichtig.

Die Verordnung von Cannabis auf Rezept kann sowohl Rezeptur- als auch Fertigarzneimittel umfassen. Zumeist werden im Rahmen einer Cannabistherapie Extrakte und Kapseln mit hohem Anteil an CBD in der Apothekenachgefragt. 

Die entspannende Cannabisöl-Wirkung wird beispielsweise zur Linderung von chronischen Rückenschmerzen eingesetzt. Jedoch bedarf es in Deutschland weiterhin einer ärztlichen Verordnung, um THC-Öl oder aber CBD-Cannabisöl mit mehr als 0,2 Prozent THC-Gehalt kaufen zu können. Cremes und Aromaöle sind frei verkäuflich, ebenso Hanf-Lebensmittel mit einem THC-Gehalt unter 0,2 Prozent.

Dronabinol-Rezepturen stellen die Cannabis-Apotheken bereit. Mit diesem hohen THC-Gehalt wird Cannabis in Tropfen überwiegend in der Palliativmedizin oder der Onkologie eingesetzt. Seit April 2022 wird Dronabinol auch als Fertigarzneimittel angeboten. 


Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zu einem Gesundheitsthema und dient somit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls einen Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen unsere Redakteure nicht beantworten.

Bildquellen zum Ratgeber: „Cannabis auf Rezept: Was zu beachten ist“

Beitragsbild: wildpixel, Foto 1: iStock.com/CasarsaGuru, Foto 2: iStock.com/Tinnakorn Jorruang, Foto 3: iStock.com/Valery Ambartsumian, Foto 4: iStock.com/Aleksandr_Kravtsov, Foto 5: iStock.com/CasarsaGuru, Foto 6: iStock.com/MysteryShot, Foto 7: iStock.com/caughtinthe, Foto 8: iStock.com/SDI Productions, Foto 9: iStock.com/Dean Mitchell

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