THC-Öl

Auf die Frage “Was ist Cannabisöl?“ gibt es nicht die eine richtige Antwort. Der eine meint damit das Rauschmittel Haschöl (Haschischöl), also das Harzextrakt der Cannabispflanze. Ein anderer meint damit ein Cannabisöl aus der Apotheke wie Dronabinol, das zwar ebenfalls ein Cannabisöl mit THC ist, aber eben ein Arzneimittel und keine illegale Droge. Und manch einer geht weder zum Dealer noch zum Apotheker seines Vertrauens, um Cannabisöl zu kaufen, sondern ins nächste Reformhaus – dann geht es um Hanföl oder genauer Hanfsamen-Öl für die Küche.

Dieser Beitrag legt seinen Fokus auf die medizinische Cannabisöl-Anwendung, genauer auf das medizinische Potenzial von THC-Öl in Abgrenzung zu CBD-Öl, das es ebenfalls auf Rezept gibt, sowie zu CBD-Öl, das rezeptfrei in manchen Apotheken sowie CBD-Shops und im Internethandel erhältlich ist.

THC: wunderbarer Wirkstoff

THC ist die Kurzform von Tetrahydrocannabinol. Dieser Inhaltsstoff der Hanfpflanze zählt zu den psychoaktiven Cannabinoiden und gilt als der hauptsächlich rauschbewirkende Bestandteil.

Streng genommen weist Delta (Δ)-9-Tetrahydrocannabinol vier verschiedene Stereoisomere auf: zum einen (+)-Δ9-cis-Tetrahydrocannabinol und (–)-Δ9-cis-Tetrahydrocannabinol sowie (+)-Δ9-trans-Tetrahydrocannabinol und (–)-Δ9-trans-Tetrahydrocannabinol. Letzteres ist das wesentliche psychoaktiv wirksame Isomer, von dem im Allgemeinen mit THC die Rede ist. Auch medizinisches THC wie Dronabinol steht speziell für die (–)-Δ9-trans-Form von THC. Diese kann bis zu 100x stärker psychoaktiv wirken als die (+)-Δ9-trans-Variante. Bei den cis-Formen hingegen liegt überhaupt keine psychoaktive Wirksamkeit vor.

THC ist nicht das einzige Cannabinoid. Es gibt über 100 verschiedene dieser Inhaltsstoffe, zum Beispiel Cannabidiol (CBD), Cannabinol (CBN), Cannabigerol (CBG), Cannabichromen (CBC) und Tetrahydrocannabivarin (THCV). Im nächsten Abschnitt geht es speziell um den Unterschied zwischen CBD und THC. Denn jedes Cannabinoid hat seine eigenen spezifischen Eigenschaften und Wirkungen auf den menschlichen Organismus, was diese Substanzen zu einem wichtigen medizinischen Forschungsfeld macht.

THC und CBD

THC und CBD sind die wohl bekanntesten und am besten erforschten Cannabinoide, die in der Hanfpflanze vorkommen. Beide Moleküle weisen zwar eine ähnliche chemische Struktur auf, zeichnen sich jedoch durch ganz unterschiedliche Eigenschaften und Wirkweisen aus.

Ein Unterschied von CBD und THC ist, dass Cannabidiol keine psychoaktive Wirkung hat. Und während THC direkt an die Cannabinoid-Rezeptoren im Gehirn bindet, interagiert CBD anders mit dem Körper und beeinflusst beispielsweise die Cannabinoid-Rezeptoren indirekt.

Gemeinsam ist CBD und THC, dass sie großes Potenzial für medizinische Anwendungen haben. Zu den etablierten Indikationen für THC-reiche Medikamente gehören unter anderem Appetitlosigkeit, Kachexie sowie Übelkeit und Erbrechen bei Krebs– und HIV- sowie Aids-Patienten, Spastik bei multipler Sklerose und neuropathische sowie chronische Schmerzen, zum Beispiel Rückenschmerzen. Medizinische Einsatzgebiete für CBD-basierte Arzneimittel sind beispielsweise Schlafstörungen, Angststörungen und Depressionen, Entzündungen, Epilepsie sowie Bewegungsstörungen. Auch eine Kombination von THC und CBD ist bei vielen Krankheitsbildern angezeigt.

Cannabisöl in der Medizin

Cannabisöl kann in Deutschland seit 2017 zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verschrieben werden. Die Cannabisöl-Wirkung hängt stets von der genauen Zusammensetzung ab, also den einzelnen Inhaltstoffen und ihrer Konzentration.

• Epidiolex ist beispielsweise ein CBD-Öl, das Apotheken gegen Rezept ausgeben. Das Medikament ist in Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern seit dem Jahr 2019 arzneimittelrechtlich zugelassen. Die Indikationen umfassen neben dem Lennox-Gastaut-Syndrom auch das Dravet-Syndrom sowie tuberöse Sklerose.
• Der Arzneistoff Nabilon ist ein vollsynthetisches THC-Derivat, das als verkehrs- und verschreibungsfähiges Betäubungsmittel (BtM) in der Anlage des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführt ist. Nabilon ist in Deutschland als Inhaltsstoff von Canemes-Kapseln auf Cannabis-Rezept erhältlich.
• Dronabinol ist der international gebräuchliche Freiname, also International Nonproprietary Name (kurz INN) für das isolierte THC-Isomer Delta-9-THC. Es dient der Herstellung von Rezepturarzneimitteln zur oralen Anwendung (THC-Öl / -Kapseln) zur oralen Anwendung.
• Das Oromukosalspray Sativex ist ein Fertigarzneimittel, das sowohl THC als auch CBD enthält. Daneben gehören auch andere Cannabinoide, Terpene und Flavonoide der Cannabispflanze zu den Inhaltsstoffen dieses Cannabisvollextrakts.

Da das Cannabisöl Epidiolex ein CBD-Cannabisöl ohne THC ist, soll es an dieser Stelle kein weiteres Thema sein. Auch auf Nabilon als Cannabis-Medizin gehen wir hier nicht weiter ein.

Cannabis-Öl mit THC: Sativex

Ein Cannabis-Öl mit THC ist Sativex. Das Cannabisvollextrakt enthält 2,7 mg THC, 2,5 mg CBD sowie weitere Cannabinoide und Terpene. Diese Wirkstoffstoffkombination aus standardisierten Gehalten an THC und CBD wird auch als Nabiximols bezeichnet.

Verschrieben wird das THC-Öl gegen Krebs-bedingte Schmerzen oder auch um neuropathische Schmerzen, zum Beispiel bei diabetischer Neuropathie, zu lindern. Ein weiteres Einsatzgebiet ist Multiple Sklerose. Sativex kann bei MS-Patienten eine Verringerung der Spastizität (Muskelsteifigkeit), Schmerzen und Blasenprobleme bewirken.

Aufgrund des enthaltenen THCs dürfen Apotheken dieses Cannabisöl nur gegen Vorlage eines speziellen BtM-Rezepts herausgeben. Das THC-Cannabisöl Sativex wird als Sprayflasche abgegeben. Eine Flasche mit 10 ml Inhalt reicht für bis zu 95 Sprühstöße. Die Anwendung sollte in einer standardisierten Weise und stets in Verbindung mit Mahlzeiten erfolgen. Das verringert Schwankungen hinsichtlich der Bioverfügbarkeit.

Die richtige Dosis für die individuell passende CBD / THC-Öl-Wirkung muss einschleichend gefunden werden. Der Hersteller von Sativex stellt eine Dosierungsvorgabe für das Cannabis-Öl für einen Zeitraum von 14 Tagen bei indikationsgerechter Verordnung zur Verfügung.

THC-Tropfen: Dronabinol-Wirkung

THC-Tropfen ohne CBD sind unter der Bezeichnung Dronabinol oder ölige Dronabinol-Tropfen erhältlich. Dronabinol kaufen ohne Rezept ist in Deutschland nicht möglich. Patienten müssen sich das THC-Öl verschreiben lassen. Apotheken verwenden für die patientenindividuelle Anfertigung der Dronabinol-Tropfen Herstellungssets.

Zu den medizinischen Indikationen von Dronabinol gehören unter anderem Übelkeit und Erbrechen, zum Beispiel bei Patienten, die eine Chemotherapie oder Strahlentherapie durchlaufen. Es kann auch bei Patienten mit HIV / AIDS eingesetzt werden, um Übelkeit und Appetitlosigkeit zu lindern. Des Weiteren profitieren Patienten mit chronischen Schmerzen, insbesondere bei neuropathischen Schmerzen, von der Dronabinol-Wirkung.

Je nach Verordnung kann das Dronabinol einen THC-Gehalt von beispielweise 2,5 Prozent zu Beginn der Einstellung oder 5 Prozent bei fortgesetzter Behandlung enthalten. Das bezieht sich auf erwachsene Patienten. Für Kinder ist eher 1-prozentiges Dronabinol-Öl geeignet. Die Dronabinol-Herstellung folgt immer einer Rezeptur, die genau vorgibt, wie viele Milligramm THC in einem Tropfen enthalten sind. Der Arzt legt fest, wie viele Tropfen von dem Cannabisöl mit THC der Patient einnehmen soll. Die Arzneimittelflasche kann mit einem Senkrechttropfer oder mit einer Dosierpumpe ausgestattet sein.

Alternativ können Apotheken auch Dronabinol-Kapseln herstellen. Des Weiteren können Apotheken das THC-Öl als alkoholische Lösung zum Verdampfen ausgeben.

THC-Öl kaufen

THC-Öl kaufen Patienten in der Apotheke auf eigene Kosten, wenn (noch) keine Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse genehmigt wurde. Laut Techniker Krankenkasse „bewegen sich die durchschnittlichen Kosten für Dronabinol im Monat zwischen 70 und 500 Euro, für Sativex® zwischen 31 und 373 Euro sowie für Canemes® zwischen 1.026 und 2.052 Euro.“ Viele Patienten können es sich angesichts der THC-Öl-Preise nicht leisten, Arzneimittel mit THC zu kaufen.

Da kann durchaus die Idee entstehen, das THC-Öl selber zu machen. Und Interessierte auf der Suche nach Anleitungen, wie man Cannabisöl herstellen kann, werden im World Wide Web schnell fündig. Wer THC-Öl herstellen möchte, sollte aber berücksichtigen, dass er sich damit nicht nur strafbar macht, sondern auch Cannabis aus unsicheren Quellen verwendet, weswegen die gewünschte medizinische Wirkung bei dem selbst hergestellten Cannabis-Öl nicht gewährleistet ist.

Strafbar macht sich übrigens auch, wer für die DIY-Herstellung von Cannabisöl CBD-Blüten verwendet. Weder für die Herstellung von CBD- noch von THC-Öl dürfen in Deutschland außerhalb von Apotheken und ohne BtM-Rezept Cannabisblüten erworben werden. Nur wer eine ärztliche Verordnung hat, kann legal THC-Öl kaufen beziehungsweise auf Kosten der gesetzlichen Krankenkasse erhalten.

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THC-Gehalt messen

Gras aus unseriösen Quellen eignet sich nicht zur medizinischen Anwendung. Hier kommen verschiedene Probleme zusammen. Zum einen nimmt es der Schwarzmarkt nicht so genau mit der Qualität. Mal wird mit Zucker oder Talkum, mal mit Haarspray gestreckt; hinzu kommt die Verwendung synthetischer Cannabinoide (siehe auch „Schutz für Konsumenten: Reinheitsgebot für Cannabis gefordert“). Während medizinisches Cannabis unter strengsten Auflagen und mit standardisiertem THC-Gehalt produziert wird, wissen Konsumenten, die auf der Straße Marihuana kaufen, nicht, was wirklich drinsteckt.

Die Industrie kennt verschiedene Verfahren, um den THC-Gehalt zu messen:

1. Gaschromatografie (GC): Bei dieser Methode muss man zunächst die Cannabinoide wie das THC extrahieren und isolieren. Dafür wird die Probe in den GC, bestehend aus einer Injektionseinheit, einer Säule und einem Detektor, gegeben. Die einzelnen Verbindungen können hierin getrennt werden und der Detektor quantifiziert sie.
2. Hochleistungsflüssigkeitschromatografie (HPLC): Ähnlich wie bei der GC wird auch hierbei das Cannabis extrahiert, um die Cannabinoide zu isolieren und dann den THC-Wert zu messen.
3. Dünnschichtchromatografie (TLC): Diese Methode gilt als einfache und kostengünstige analytische Technik zur Trennung von Verbindungen in einer Probe. Die Probe wird in einer dünnen Schicht auf eine Trägerplatte aufgetragen, dann wird die Trennung der enthaltenen Verbindungen initiiert. Die Analyse der Ergebnisse erfolgt durch Vergleich der Verbindungen auf der Platte mit bekannten Standards oder Referenzproben.
4. Immunoassay-Test: Diese Art Test kann einfach und schnell durchgeführt werden; die Ergebnisse liegen innerhalb weniger Minuten vor. Genutzt wird der Immunoassay-Test beispielsweise als Schnelltest, um den THC-Gehalt in Urinproben zu messen. Allerdings ist diese biochemische Methode auch nicht so genau wie die anderen hier vorgestellten Verfahren. Falsch-positive und falsch-negative Resultate sind möglich.

Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zu einem Gesundheitsthema und dient somit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls einen Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen unsere Redakteure nicht beantworten.

Bildquellen zum Ratgeber: „THC-Öl“

Beitragsbild: iStock.com/panida wijitpanya, Foto 1: iStock.com/kmatija, Foto 2: ©CAT PRODUCTION GmbH, Foto 3: ©CAT PRODUCTION GmbH , Foto 4: iStock.com/solidcolours, Foto 5: ©THC Pharm GmbH, Foto 6: iStock.com/Jinli Guo, Foto 7: iStock.com/angelblue1

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